ICANN

»Plan für einen Plan« gesucht

Ganz im Zeichen der neu entflammten Diskussion um das Thema Internet-Governance ist am vergangenen Freitag das 49. ICANN-Meeting in Singapur zu Ende gegangen. Doch die Diskussion steht erst am Anfang – auf mehr als ein »Plan für einen Plan« konnte man sich nicht einigen.

Mehr als 1.940 Teilnehmer aus 150 Ländern waren in Singapur zusammengekommen, um über die Zukunft des Domain Name Systems zu debattieren. Anders als bei vielen Meetings zuvor und trotz einer Vielzahl offener Fragen wurden die neu eingeführten Top Level Domains, von denen mittlerweile über 175 in die Root Zone eingetragen wurden, diesmal nur am Rande gestreift; die Schlagzeilen beherrschte stattdessen die Ankündigung der innerhalb des US-Wirtschaftsministeriums zuständigen National Telecommunications and Information Administration (NTIA) vom 14. März 2014, die Verantwortung für die IANA-Funktionen in die Hände der globalen Multistakeholder-Community legen zu wollen. In einer Stellungnahme betonte ICANN-CEO Fadi Chehadé, dass das Meeting das Ende der frühen Phase von ICANN markiere und die Internet-Verwaltung vor einer neuen Phase der Reife und Verantwortlichkeit stünde. Doch auch wenn Chehadé von einem sehr positiven, tatkräftigen und substantiellen Treffen sprach, wurden konkrete Beschlüsse bisher nicht gefasst; ICANN-Aufsichtsrat Steve Crocker wählte das Sprachbild einer »early stage of the cooking prozess«. Für Chehadé steht in den kommenden Monaten ein offener, transparenter und globaler Prozess bevor, in den man so viele Menschen wie möglich einbinden wolle. Der Fokus liege auf der NETmundial-Konferenz, die am 23. und 24. April 2014 im brasilianischen São Paulo stattfindet. Dort will man eine »Roadmap« entwickeln, in der nicht nur Ideen und Versprechen zusammengefasst, sondern konkrete Maßnahmen beschlossen werden, wobei es sowohl technische als auch nichttechnische Themenbereiche anzusprechen gilt.

Zumindest die Internetnutzer in Deutschland haben sich zum Thema Internet-Governance schon ihre Meinung gebildet. Wie eco, der Verband der deutschen Internetwirtschaft eV, mitteilt, hätten in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid unter tausend Internetnutzern im Alter von 18 bis 65 Jahren bundesweit 76 Prozent der befragten stärkere Regulierung des Internet durch Politik abgelehnt. Für sie ist eine freie, offene und dezentrale Struktur des Internets eine Grundvoraussetzung für die demokratische Teilhabe aller Nutzer. Eindeutig ablehnend stünden die Internetnutzer dagegen Bestrebungen zur Renationalisierung des Internet gegenüber. Das Meinungsbild spräche vielmehr für den Ausbau eines starken Multistakeholder-Modells in der Internetverwaltung.

Derweil regt sich in den USA politischer Widerstand gegen die Ankündigung der NTIA. Eine Gruppe von sechs republikanischen Kongressabgeordneten hat am 27. März 2014 unter dem Titel »Domain Openness Through Continued Oversight Matters« (kurz »DOTCOM Act«) einen Gesetzesentwurf eingebracht, mit dem US-Präsident Barack Obama eine Umsetzung seiner Pläne untersagt werden soll. Dabei warnten sie vor aktuellen Bemühungen in der Türkei, Russland und China, Meinungsfreiheit im Internet zu unterbinden. Dieses Risiko hat die NTIA jedoch längst erkannt und jedem Vorschlag, bei dem ein von Regierungen geführtes oder zwischenstaatliches Modell die Rolle der NTIA übernimmt, bereits eine Absage erteilt.

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