ANA

Neue TLDs in 2 Jahren wieder verschwunden?

In diesen Tagen hat die Zahl der registrierten Domains mit neuer Domain-Endung die Marke von zwei Millionen überschritten. Voraussichtlich in zwei Jahren werden sie jedoch schon wieder verschwunden sein – meint zumindest eine von der US-amerikanischen Association of National Advertisers (ANA) beauftragte Anwaltskanzlei.

Seit über 100 Jahren vertritt die ANA mit über 550 Mitgliedern und über 10.000 Markenrechten die Interessen der Marketing-Community in den USA. Angesichts des explosiven Wachstums des Domain Name Systems und der sich daraus möglicherweise für Inhaber von Markenrechten ergebenden Auswirkungen hat man nun die international tätige Anwaltskanzlei Reed Smith LLP um periodische Berichte zum Status der Entwicklungen gebeten. Der erste Bericht, verfasst vom Rechtsanwalt Brad R. Newberg, liegt inzwischen vor und könnte für die Betreiber einer bereits eingeführten neuen Top Level Domain kaum vernichtender ausfallen: wenn man die Registrierungszahlen betrachtet, ist es nach Ansicht von Newberg kaum vorstellbar, dass die meisten der bisher eingeführten Endungen in zwei Jahren noch existieren.

Ausgangspunkt der Überlegungen von Newberg war folgende Frage: wenn man alle Cybersquatter, Domainer und Unternehmensjuristen ausser Betracht lässt und allein auf die breite Öffentlichkeit abstellt – wenn eine neue Domain-Endung startet, wird sie zu vernehmen sein? Nach seinen Feststellungen haben die bislang gestarteten Domain-Endungen praktisch keine Werbung erfahren, was zu einem kollektiven Gähnen der Öffentlichkeit beim Thema nTLDs geführt habe. Die meisten seien völlig ahnungslos, dass es die neuen Domain-Endungen überhaupt gibt. Auch wenn bisher keine nTLD gescheitert sei, ist nicht auszuschließen, dass eine Pleite der ersten Registry einen Domino-Effekt auslöse. Im Schnitt seien bei den ersten 200 neu gestarteten Endungen etwa 9.000 Domains registriert worden, und dieses Ergebnis sei durch das Marketing der Registrars Network Solutions bei .xyz noch künstlich aufgeblasen. Lediglich .berlin, .club sowie .guru liegen deutlich über dem Schnitt; nur 35 der 200 Endungen kommen auf über 10.000 registrierte Domains. Er kann daher nicht ausschliessen, dass viele dieser Domains das erste Jahr noch überleben, auf den Anteil der Vertragsverlängerungen warten und dann die Pforten schliessen, wenn sie mit den Ergebnissen nicht zufrieden sind. Marken-TLDs hätten jedoch das Potential, neue generische TLDs zum Leben zu erwecken, allerdings ist bisher kaum eine Marken-Endung gestartet.

Newberg legt den Finger damit in die Wunde: die breite Öffentlichkeit hat von den neuen Domain-Endungen bisher kaum Notiz genommen, und es liegt an der gesamten Domain Name Industry, durch entsprechendes Marketing für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Allerdings sind zahlreiche besonders begehrte Endungen wie etwa .app, .blog, .book, .music, .shop und .web noch gar nicht gestartet. Zudem sind Domain-Namen für die von Newberg in seiner Frage angesprochene Zielgruppe eine langfristige Ressource; zwei Jahre dürften als Referenzzeitraum nicht ausreichend sein. Die Endung .coop kommt aktuell auf etwa 7.900 registrierte Domains, wurde jedoch bereits im Dezember 2001 eingeführt; bei .museum sind es gar nur etwa 450. Gleichwohl haben beide Endungen ihren Betrieb nicht eingestellt. Ein langer Atem kann daher nicht schaden.

Aktuelle Statistiken zu Domains mit neuer Top Level Domain finden Sie hier.

  1. Thomas Lenz

    Ich halte von derartigen Spekulationen nichts. Aber in einem hat die ANA wohl Recht: Es hat immer noch zu wenig Werbung für die neuen TLDs gegeben, oder sollte man sagen: Für Domains insgesamt? Die gerne bemühte „breite Öffentlichkeit“ hat nicht nur von den neuen TLDs sehr wenig bis keine Ahnung. Auch die bisherigen Endungen ist dort im Grunde nicht geläufig.

    Alle kennen „Webadressen“ und verwechseln diese allzu oft mit „Websites“. Dass Domains nicht nur eine zentrale Rolle dabei spielen, sondern daneben auch einzeln handelbare Güter sind, wissen die wenigsten. Und diese Wahrnehmung wurde wesentlich geprägt durch die Domain Name Industry und die Art und Weise, wie Domains bisher verkauft wurden – als Nebenprodukt zu anderen Leistungen wie Hosting etc.

    Es wird eine der schwersten Aufgaben für die Betreiber der neuen Endungen sein, ihre Produkte als solche überhaupt wahrnehmbar zu machen, um sie dann erfolgreich zu verkaufen. Entscheidend für den Erfolg oder Nicht-Erfolg der neuen Endungen werden aber die unternehmerischen Fähigkeiten ihrer Betreiber sein, und da wird es spannend sein, zu beobachten, wie sie sich schlagen werden.

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