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ICANN lädt zum digitalen Bogenschießen

Die Reihenfolge der Prüflinge um eine neue globale Top Level Domain wird per digitalem Bogenschießen ermittelt. Das hat der ICANN-Vorstand vergangene Woche beschlossen und sich über Kritik an diesem Verfahren hinweggesetzt.

Es hört sich an wie ein Aprilscherz, aber es ist keiner. Für den Fall, dass die Zahl der Bewerber um eine neue Top Level Domain 500 übersteigt, bündelt ICANN die Bewerbungen in ›batches‹ von zunächst 500 und sodann 400. So weit, so gut. Doch wer entscheidet, in welchen ›batch‹ eine Bewerbung kommt? Eine Verteilung im Losverfahren musste ICANN ausschließen, da man Verstöße gegen Glücksspielrecht befürchtete. Die Lösung, die sich ICANN ersonnen hat, heißt »digital archery«, also digitales Bogenschießen. Jeder Bewerber muss sich dabei zunächst bei einem Online-System anmelden und ein Datum in der Zukunft angeben, zum Beispiel den 10. Mai 2012 um 12.00 Uhr. Zum ausgesuchten Zeitpunkt meldet sich der Bewerber wieder am Online-System an und versucht, durch das Anklicken eines »Submit«-Buttons exakt den Zeitpunkt zu erwischen, den er zuvor ausgewählt hat. Anschließend werden die beiden Zeiten, also das gewünschte Datum als auch das geklickte Datum, miteinander verglichen und die sich ergebende Zeitdifferenz als »secondary timestamp« vermerkt. Klickt der Bewerber also in unserem Beispiel um 12.00 Uhr und 1 Sekunde, wird er mit der Differenz 00:00:01 vermerkt.

Hinzu kommen einige Sonderregeln. Wem zum Beispiel gleichgültig ist, in welchen ›batch› er kommt, muss sich trotzdem am Online-System anmelden, kann aber über ein ›opting out‹ signalisieren, dass er auf eine rasche Prüfung keinen Wert legt. Zudem teilt ICANN die Welt in fünf Regionen ein: Europa, Asien/Australien/Pazifik, Lateinamerika/Karibik, Afrika sowie Nordamerika. Sind alle Zeiten eingesammelt, wählt ICANN den jeweils schnellsten aus einer der Regionen aus, sodann den zweitschnellsten und so weiter, um auch einer gerechten geographischen Verteilung Rechnung zu tragen. Schließlich werden alle Bewerbungen um die gleiche Top Level Domain im selben ›batch‹ zusammengefasst; sollten sich also mehrere Organisationen beispielsweise um .web bewerben, profitieren alle vom zeitlich schnellsten Bogenschützen.

Ohne Kritik ist dieses Verteilungsverfahren nicht. Bereits anlässlich des ICANN-Meetings in Dakar wiesen Experten darauf hin, dass durch Klick-Scripts versucht werden kann, den idealen Zeitpunkt automatisiert zu treffen. Zudem könnten sich Netzwerk-Wartezeiten (Latenz) für die weltweit verteilten Bewerber zu einem unkalkulierbaren Risiko entwickeln. Mangels Alternativen hält ICANN an diesem System jedoch fest. Dass es zum Einsatz kommt, ist wahrscheinlicher denn je: mit bisher 839 bestätigten Bewerbern spricht viel dafür, dass die Zahl der tatsächlichen Bewerbungen 500 weit übersteigt.

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