Im UDRP-Streit um die Domain stamps.ai hält sich Panelist Paddy Tam an den Rechtsstreit um booking.com, und verwehrt der Beschwerdeführerin und Markeninhaberin von »STAMPS.COM«, sich allein auf den allgemeinen Begriff »stamps« zu stützen.
Die 2011 gegründete Beschwerdeführerin Auctane LLC sieht ihre Rechte durch die Domain stamps.ai verletzt und startete ein UDRP-Verfahren vor dem Forum. Sie nutzt die Domain stamp.com, eine Plattform mit über vier Millionen Kunden, die Dienstleistungen im Bereich Frankierung, Versandetiketten, Online-Portorabatte und die Integration mit großen Versanddienstleistern und führenden E-Commerce-Plattformen anbietet. Sie trägt vor, Inhaberin der US-Marken »STAMPS.COM«, »STAMPS.COM ONLINE«, »STAMPSCOM« und »SHIPSTATION« zu sein. Die Domain stamps.ai enthalte ihre vollständige Marke, die Endung .ai ändere nichts an der verwirrenden Ähnlichkeit. Der Gegner sei zudem nicht berechtigt; er setze die Domain ein, um Nutzer, die die Domain stamps.com besuchen wollen, auf seine Seite zu bringen. Gegner ist Brett Bloom aus den USA, der stamps.ai im Dezember 2017 registriert hat und über sie das Geschäft der im Januar 2017 gegründeten US-amerikanischen STAMPS.AI Inc. führt. Unter stamps.ai bietet er eine Software-as-a-Service-Anwendung für Briefmarkensammler an, mit der diese ihre Sammlungen verwalten, analysieren und organisieren können. Eine Verwechslung zwischen der Beschwerdeführerin und ihm sei wegen der ganz unterschiedlichen Angebote nicht möglich. Die Domain stamps.ai, die letztlich nur aus dem Wort »stamps« besteht, ist mit keiner der Marken der Beschwerdeführerin identisch. Von der Beschwerdeführerin und deren Marken wusste er nichts, bevor er die Beschwerde erhielt. Als Entscheider wurde Paddy Tam, Produkt-Manager mit langjähriger Brandprotection-Erfahrung, tätig.
Tam wies die Beschwerde ab (Forum Claim Number: FA2508002173738). Seine Begründung verläuft dabei etwas unkonventionell. Die Frage der Identität oder verwirrenden Ähnlichkeit von Marke und Domain prüft er nicht, sondern geht darauf bei der Frage des Rechts oder berechtigten Interesses des Gegners ein. Er bestätigt, dass die Marke »STAMPS.COM« besteht, aber erkennt keinen Nachweis der Beschwerdeführerin dafür, dass sie Inhaberin eines Markenrechts an dem beschreibenden Begriff »stamps« ist. Tam verweist dabei auf den Rechtsstreit zwischen dem U.S. Patent and Trademark Office und Booking.com, bei dem das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass die Eintragung von »Booking.com« dem Inhaber kein ausschließliches Recht an dem Begriff »booking« einräumt, da »Booking.com« eine schwache, beschreibende Marke darstellt. So gelangt Tam zu der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin keine Rechte an dem Begriff »stamps« hat und dass ihre »STAMPS.COM«-Marken den Gegner nicht daran hindern, berechtigte Interessen geltend zu machen. Tam sieht Parallelen zu anderen UDRP-Entscheidungen und sieht letztlich nicht, dass die Beschwerdeführerin den Anscheinsbeweis geführt habe, dass der Gegner kein Recht oder ein berechtigtes Interesse an der Nutzung von stamps.ai hat. Alle weiteren Prüfungen schenkte sich Tam und wies die Beschwerde ab.
Die kurze Entscheidung geht ein wenig durcheinander und scheint Lücken zu haben, ist aber korrekt. Über Paddy Tam erfährt man im Internet nicht viel, außer dass er »the product manager for CSC’s Brand Protection business in the APAC region« ist und mehr als zehn Jahre Erfahrung mit Brand Protection und UDRP-Verfahren hat. Unklarheit besteht bei der Markeninhaberschaft: die Beschwerdeführerin Auctane LLC ist jedenfalls nicht Inhaberin von »STAMPS.COM«; als Inhaberin eingetragen ist die STAMPS.COM INC., die eine Tochter der Beschwerdeführerin sein dürfte – dazu aber kein Wort in der Entscheidung. Zur Identität oder verwirrenden Ähnlichkeit (Identical and/or Confusingly Similar) heißt es in der Entscheidung verwirrenderweise, die Beschwerdeführerin habe das zweite Element (Anscheinsbeweis des nicht bestehenden Rechts oder rechtlichen Interesses) nicht erbracht, weshalb man sich die Prüfung des dritten Elements (Bösgläubigkeit) sparen könne. Möglicherweise ist das nur ein redaktioneller Fehler. Auch wenn die Entscheidung korrekt ist, wäre ein sauberer Umgang mit den »Formalitäten« der Entscheidungsgründe begrüßenswert, um das Vertrauen der Betroffenen und zukünftiger Rechtssuchender zu erhalten.
Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains GmbH.