Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

30.6.14

Impressumspflicht bei XING

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 03.06.2014 (Az.: 33 O 4149/14) entschieden, dass für ein Profil beim Business-Netzwerk-Xing grundsätzlich eine Impressumspflicht nach § 5 TMG besteht und ein Verstoß hiergegen regelmäßig auch zu einem Wettbewerbsverstoß führt. Das entspricht der mittlerweile gängigen instanzgerichtlichen Rechtsprechung, die Profile in sozialen Netzwerken als Telemedienangebote im Sinne des TMG betrachtet.

Das Landgericht hat im konkreten Fall gleichwohl einen Wettbewerbsverstoß verneint, weil die Bagetellschwelle von § 3 UWG nicht überschritten gewesen sein soll. Die fehlende wettbewerbsrechtliche Relevanz des Verstoßes wird wie folgt begründet:

Eine nach § 4 UWG unlautere geschäftliche Handlung ist allerdings nach § 3 UWG nur unzulässig, wenn sie geschäftliche Relevanz aufweist. Es kommt also darauf an, ob die Handlung geeignet ist, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen bzw. soweit es um die Verletzung von Informationspflichten gegenüber Verbrauchern geht, die ihre Grundlage im Unionsrecht haben, ob sie dazu geeignet ist, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidunq zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Auflage, § 4 Rdnr. 11.58a). Eine Eignung ist dann anzunehmen, wenn eine objektive Wahrscheinlichkeit besteht, dass die konkrete Handlung zu einer solchen spürbaren Beeinträchtigung führt (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Auflage, § 3 Rdnr. 116). Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die geschäftliche Relevanz (vgl. Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 32. Auflage, § 3 Rdnr. 134).

Grundsätzlich kommt dem Fehlen eines Impressums in der Regel geschäftliche Relevanz zu. Vorliegend ist zwischen den Parteien allerdings unstreitig, dass die Internetplattform „XING“ dazu dient, Kontakte zwischen Arbeitqebern und Arbeitnehmern bzw. zwischen Berufstätigen untereinander zu knüpfen. Dass darüber hinaus über „XIING“ üblicherweise auch Geschäftsabschlüsse angebahnt und insbesondere Mandatsverhältnisse begründet werden, vermochte der Antragsteller nicht darzutun. Der Antragsteller hat insbesondere weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass gerade ein Basis-Profil wie dasjenige des Antragsgegners mit den entsprechenden rudimentären Angaben tatsächlich überhaupt von künftigen Mandanten genutzt wird, welche auf diese Weise einen Rechtsanwalt suchen. Unter Zugrundelegung und Würdigung des Sachvortrags der Parteien im vorliegenden Verfahren ist eine Vergleichbarkeit zwischen einem Basisprofil bei „XING“ gemäß Anlage ASt 1 und einem (Unternehmens-)Auftritt bei „Facebook“ oder „Google+“ nicht gegeben, mit der Folge, dass der Wettbewerbsverstoß des Antragsgegners im konkreten Streitfall wettbewerblich nicht relevant ist.

Der Ansatz des Gerichts, das Netzwerk XING, das ausdrücklich dazu dient, geschäftliche Kontakte zu knüpfen, sei primär darauf ausgerichtet, Kontakte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern und zwischen Berufstätigen untereinander zu knüpfen, nicht aber auf die Anbahnung von Geschäftsabschlüssen, erscheint mir eher gewagt. Ich bin gespannt, ob sich das OLG München dieser Ansicht anschließen wird.

posted by Stadler at 10:38  

4 Comments

  1. Hallo,

    die ganze Thematik ist ja bereits über den Heise Newsticker gegangen. Was mich aber einmal interessieren würde, was im Impressum zu hinterlegen ist. Die meisten Arbeitnehmer und auch Selbständige wechseln von Zeit zu Zeit Ihre Position. Es erscheint mir somit wenig sinnvoll, dass man ein Unternehmen, für welches man derzeit tätig ist, im Impressum hinterlegt. Das Profil gehört ja in der Regel nicht dem Unternehmen. Auch wenn man es zum Teil im Rahmen der derzeitigen Arbeit nutzt, meist ja aber auch für längerfristige Kontakte.

    Muss ein korrektes Impressum deshalb auf die Privatanschrift verweisen? Wer haftet dann bei Mängeln? Die Privatperson oder das derzeit zugehörige Unternehmen? Führt dieses Vorgehen nicht zumindest für normale Angestellte geschäftliche Profile nicht ad absurdum?

    Danke schon einmal für die Diskussion.

    Comment by Thomas — 30.06, 2014 @ 12:25

  2. Ich denke, XING bietet die Möglichkeit an, weil es keine konkrete gesetzlichen Vorgaben gibt, nimmt sich selbst aus der „Schusslinie“ und verlagert dabei die Verantwortung auf den Basis Nutzer, oder hat jemand schon mal ein Impressum bei Anzeigen in den Gelben Seiten gesehen…?

    Comment by Andreas — 30.06, 2014 @ 17:07

  3. „…oder hat jemand schon mal ein Impressum bei Anzeigen in den Gelben Seiten gesehen…?“

    Nein, wozu auch ? Folgt man allerdings der Argumentation einiger Abmahnexperten, dann müsste konsequenterweise ein Impressum in die Gelben
    Online-Seiten eingefügt werden.

    Es gibt zudem ein von der BRAK geführtes
    Online-Verzeichnis, in dem alle deutschen
    Rechtsanwälte registriert sind.
    Dieses ist allgemein zugänglich.

    Daher kann argumentiert werden, dass es eine umfassende
    Impressumpflicht gerade für Rechtsanwälte, die wirklich sehr intensiv kontrolliert werden, nicht gibt, auch, weil es bereits an der Vermarktung von Telemedien fehlt.

    Comment by Arne Rathjen, Rechtsanwalt — 30.06, 2014 @ 20:46

  4. Unabhängig von § 4 Nr. 11 UWG handelt aber auch unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Absatz 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist (§ 5a Abs. 2 UWG). Als wesentlich gelten auch Informationen, die dem Verbraucher auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen (§ 5a Abs. 4 UWG).

    Da § 5 TMG Art 5 der Richtlinie 2000/31/EG umsetzt, dessen Ziel u.a. auch den Verbraucherschutz innehat (siehe Erwägungsgrund 10), handelt es sich um eine wesentliche Information im vorgenannten Sinne.

    Comment by M. Kirsch — 1.07, 2014 @ 10:52

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