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Verfahren : 2009/2229(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument : A7-0185/2010

Eingereichte Texte :

A7-0185/2010

Aussprachen :

PV 14/06/2010 - 27
CRE 14/06/2010 - 27

Abstimmungen :

PV 15/06/2010 - 7.13
Erklärungen zur Abstimmung

Angenommene Texte :

P7_TA(2010)0208

Angenommene Texte
PDF 159kWORD 73k
Dienstag, 15. Juni 2010 - Straßburg
Verwaltung des Internet: Die nächsten Schritte
P7_TA(2010)0208A7-0185/2010

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Juni 2010 zur Verwaltung des Internet: Die nächsten Schritte (2009/2229(INI))

Das Europäische Parlament,

–  unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel ’Verwaltung des Internet: Die nächsten Schritte’ (KOM(2009)0277),

–  in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel ’Schutz Europas vor Cyber-Angriffen und Störungen großen Ausmaßes: Stärkung der Abwehrbereitschaft, Sicherheit und Stabilität’ (KOM(2009)0149),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Oktober 1998 zum Thema ’Globalisierung und Informationsgesellschaft: die Notwendigkeit einer stärkeren internationalen Koordinierung’(1),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Februar 2001 zum Thema ’Organisation und Verwaltung des Internet (Internationale und europäische Grundsatzfragen 1998–2000)’(2),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 2. April 2001 zum Internet der nächsten Generation: Notwendigkeit einer Forschungsinitiative der Europäischen Union(3),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. Juni 2005 zur Informationsgesellschaft(4),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2005 zu den Menschenrechten und der Pressefreiheit in Tunesien und der Bewertung des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft in Tunis(5),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2006 zum Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet(6),

–  unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2008 zu dem vom 12. bis zum 15. November 2007 in Rio de Janeiro abgehaltenen zweiten Internet Governance Forum(7),

–  unter Hinweis auf seine Empfehlung an den Rat vom 26. März 2009 zur Stärkung der Sicherheit und der Grundfreiheiten im Internet(8),

–  gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

–  in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, des Ausschusses für Kultur und Bildung, des Rechtsausschusses und des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (A7-0185/2010),

A.  in der Erwägung, dass das Internet ein ganz wesentliches weltweites Kommunikationsmittel mit enormen Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft ist,

B.  in der Erwägung, dass es bei der Verwaltung des Internet auch um Fragen geht, die den Schutz und die Wahrung der Grundrechte und -freiheiten, den Zugang zum Internet und seine Nutzung, seine Gefährdung durch Cyber-Angriffe usw. betreffen,

C.  in der Erwägung, dass IKT-gestützte Gesellschaften in immer größerem Ausmaß von Internetkriminalität bedroht werden, und in der Erwägung, dass die Anstiftung zu Terroranschlägen, Hassverbrechen und Kinderpornografie zugenommen hat und dadurch Einzelpersonen, darunter auch Kinder, in Gefahr gebracht werden,

D.  in der Erwägung, dass die Berührungspunkte zwischen der Internetkriminalität, der Rechtsprechung zum Internet und den internetgestützten Diensten (’Cloud Computing’) als neu aufkommender Aspekt der Verwaltung des Internet auf europäischer Ebene von großer Wichtigkeit sind,

E.  in der Erwägung, dass zu den Aspekten der Verwaltung des Internet die Adressenverwaltung und andere vorwiegend technische Bereiche gehören, in denen die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN – Zentralstelle für die Vergabe von Internet-Namen und -adressen), die Internet Assigned Numbers Authority (IANA – Behörde für die Vergabe von Internet-Adressen), die Internet Engineering Task Force (IETF), die regionalen Internet-Registrare (RIR) und weitere Stellen tätig sind,

F.  in der Erwägung, dass bei der Verwaltung des Internet bis heute vor allem der Privatsektor eine dominierende und positive führende Rolle gespielt hat, dass jedoch bei der Festlegung einer umfassenden Strategie auch die Rolle der öffentlichen Stellen gestärkt werden muss,

G.  in der Erwägung, dass den Regierungen in Bezug auf die allgemeineren Aspekte der Verwaltung eine wichtige Rolle bei der Wahrung des öffentlichen Interesses zukommt, insbesondere beim Schutz und der Wahrung der Grundrechte und -freiheiten und im Hinblick auf die Sicherheit, Integrität und Stabilität des Internet, während die Privatwirtschaft eine entscheidende Rolle spielt, was die Bereitstellung der notwendigen Investitionen, Fachkenntnisse und den Unternehmergeist betrifft,

H.  in der Erwägung, dass das internationale Internet Governance Forum (IGF – Forum für die Verwaltung des Internet) und verschiedene nationale und regionale Foren wichtige Stätten des Dialogs zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren über die Internet-Politik sind,

I.  in der Erwägung, dass sich das Europäische Parlament und die anderen EU-Organe bereits seit langem für das Internet als offen zugängliches weltweites öffentliches Gut einsetzen,

1.  ist der Ansicht, dass das Internet ein weltweites öffentliches Gut ist, das als solches im allgemeinen Interesse verwaltet werden sollte;

2.  erkennt die Tatsache an, dass das Internet für die praktische Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, für die kulturelle Vielfalt, den Medienpluralismus, demokratisches staatsbürgerliches Bewusstsein sowie für die Bildung und den Zugang zu Informationen von wesentlicher Bedeutung ist und damit eines der wichtigsten Instrumente zur weltweiten Verbreitung demokratischer Werte darstellt;

3.  weist darauf hin, dass das Internet ein unverzichtbares Werkzeug zur Förderung demokratischer Initiativen, politischer Diskussionen und der Kompetenz im digitalen Bereich sowie zur Verbreitung von Wissen geworden ist; erinnert daran, dass der Zugang zum Internet einerseits die Ausübung einer Reihe von Grundrechten, zu denen unter anderem die Achtung der Privatsphäre, Datenschutz, freie Meinungsäußerung, Rede- und Vereinigungsfreiheit, Pressefreiheit, politische Meinungsfreiheit und Partizipationsrechte, Nichtdiskriminierung, Bildung sowie kulturelle und sprachliche Vielfalt gehören, garantiert, gleichzeitig aber auch von dieser abhängig ist; betont, dass daher Institutionen und Interessenträger auf allen Ebenen in der Pflicht stehen, einen Beitrag dazu zu leisten, dass jeder – und insbesondere die älteren Menschen, die größere Probleme dabei haben, sich mit den neuen Technologien zurechtzufinden – sein Recht auf Teilhabe an der Informationsgesellschaft ausüben kann, und gleichzeitig die doppelte Herausforderung mangelnder Kenntnisse im digitalen Bereich und der Ausgrenzung von demokratischen Prozessen im elektronischen Zeitalter anzugehen;

4.  betont insbesondere die Notwendigkeit, die Entwicklung von ’Bottom-up’-Ansätzen und der E-Demokratie zu stärken, wobei gleichzeitig gewährleistet werden muss, dass umfangreiche Schutzmechanismen gegen neue Formen von Überwachung, Kontrolle und Zensur durch öffentliche oder private Akteure geschaffen werden, damit die Freiheit des Zugangs zum Internet und der Schutz der Privatsphäre wirklich gegeben sind und nicht nur vorgespiegelt werden;

5.  betont die Notwendigkeit, das europäische Kulturerbe auch mit Hilfe des Internet zu schützen und zu fördern; vertritt die Ansicht, dass das Internet maßgeblich dazu beiträgt, Innovation zu fördern und die im Vergleich zu anderen Regionen der Welt in Europa bestehende digitale, soziale und kulturelle Kluft zu verringern; begrüßt, dass die Kommission die Bedeutung erkennt, die der ’Überbrückung der digitalen Kluft’ zukommt, und dass sie sich der Entwicklungsfragen im Zusammenhang mit der Verwaltung des Internet bewusst ist; ist jedoch der Ansicht, dass auch den vielen älteren Bürgern sowohl in den Industrieländern als auch in den Entwicklungsländern besondere Beachtung zukommen muss, die sich von der neuen Welt des Internet oft ausgeschlossen fühlen; weist darauf hin, dass das Internet ein wirksames Instrument zur sozialen Integration sein kann und dass unsere älteren Bürger mit einbezogen werden müssen; fordert mit Nachdruck, dass die Vermittlung von Wissen über die Nutzung der Möglichkeiten, die das Internet bietet, und über die Wahl der Kriterien für ihre Nutzung gefördert wird;

6.  erkennt an, dass die zunehmende Nutzung des Internet durch Bürger, Verbraucher, Unternehmen und Behörden zeigt, dass dieses Kommunikationsmittel zu einem der grundlegenden Elemente der Vollendung des Binnenmarkts in der EU wird; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die Verbraucher und die Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums im Internet angemessen zu schützen sind; hebt ferner hervor, dass die Bürgerrechte und -freiheiten der Internetnutzer garantiert werden müssen; erkennt an, dass das Internet ein wichtiges Medium für die Information über Verbraucherrechte und für die Förderung der Verbraucherrechte ist;

7.  hebt hervor, dass die Verwaltung des Internet den elektronischen Handel und grenzüberschreitende Transaktionen erleichtern sollte, indem die Zuständigkeiten für die Selbstregulierung dezentral geregelt und insbesondere Bedingungen für den Eintritt neuer Wettbewerber aufgestellt werden;

8.  fordert einen leichteren Internetzugang und den Ausbau des Internet in den neuen Mitgliedstaaten, insbesondere in ländlichen Gebieten, und in Entwicklungsländern auf der Grundlage von Programmen, die die Europäische Union finanziert; fordert außerdem ein stärkeres Mitspracherecht dieser Länder bei der Ausgestaltung der Politik, die der Verwaltung des Internet zugrunde liegt;

9.  ist der Auffassung, dass, um das Interesse der EU an der Erhaltung des Internet als weltweites öffentliches Gut zu wahren, die Verwaltung des Internet auf der Grundlage eines breit angelegten, ausgewogenen Modells erfolgen sollte, bei dem sowohl der öffentliche als auch der private Sektor beteiligt werden, die Dominanz einer einzelnen Stelle oder einer Gruppe von Stellen verhindert wird und Versuche staatlicher oder supranationaler Behörden zur Lenkung des Informationsflusses im Internet unterbunden werden, während gleichzeitig eine Wechselwirkung mit Prozessen bei der Verwaltung des Internet, an denen zahlreiche Interessenträger beteiligt sind und die nach wie vor ein effizienter Mechanismus zur Förderung der weltweiten Zusammenarbeit sind, stattfinden sollte;

10.  betont, dass die Werte, auf die sich die Union gründet und die in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union genannt sind, die Grundwerte und der Zweck der Europäischen Union sind; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten deshalb auf, dafür Sorge zu tragen, dass alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung des Internet mit diesen Werten und Zielen in Einklang stehen, insbesondere in den internationalen Gremien zur Verwaltung des Internet, in denen Länder vertreten sind, deren Werte erheblich von den europäischen abweichen; ist der Ansicht, dass der internationale Dialog mit diesen Ländern über die Regulierung des Internet gestärkt werden muss, damit es nicht zu Konflikten kommt;

11.  ist der Ansicht, dass sich die Regierungen auf Fragen konzentrieren sollten, die von grundlegender Bedeutung für die weltweiten, das Internet betreffenden öffentlichen Belange sind, obgleich die führende Rolle der Privatwirtschaft durch die Einhaltung der Grundsätze der öffentlichen Ordnung und der Gesetze begründet sein muss, dass die Regierungen ansonsten aber den Grundsatz der Nichteinmischung befolgen sollten, soweit nicht außergewöhnliche Umstände etwas anderes erforderlich machen, wobei sie selbst dann bei ihrem Vorgehen die grundlegenden Menschenrechte achten und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten sollten;

12.  ist der Auffassung, dass die Regierungen eine Einmischung in die laufende Verwaltung des Internet vermeiden sollten, eine Behinderung von Innovation und Wettbewerb durch eine unnötige, belastende und einschränkende Regulierung unterlassen und nicht die Kontrolle über das Internet, das ein weltweites öffentliches Gut ist und auch bleiben sollte, anstreben sollten;

13.  fordert die Regierungen auf, davon abzusehen, den Zugang zum Internet selbst oder mittels Beauftragung privater Stellen durch Zensurmaßnahmen, Blockierung, Filterung oder auf andere Art und Weise einzuschränken; besteht darauf, für ein offen zugängliches Internet zu sorgen, in dem die Nutzer die Möglichkeit haben, auf Informationen zuzugreifen und Informationen zu verbreiten oder Anwendungen und Dienste ihrer Wahl zu benutzen, wie es im neuen Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation vorgesehen ist;

14.  betont, dass alle für notwendig erachteten Einschränkungen auf das in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Mindestmaß beschränkt werden sollten, auf einer Rechtsgrundlage beruhen und wirksam und angemessen sein sollten; hebt hervor, dass der Schutz Minderjähriger gewährleistet sein muss, und fordert die Mitgliedstaaten auf, ebenfalls Maßnahmen zu ergreifen, indem sie beispielsweise das gemäß der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinien 2002/22/EG, 2002/58/EG und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Rechte der Nutzer (Richtlinie ’Rechte der Bürger’)(9) verfügbare System zur Verbreitung von Informationen zu Fragen, die im öffentlichen Interessen liegen, verwenden, um Minderjährige in die Lage zu versetzen, das Internet und Online-Informationsdienste verantwortungsbewusst zu nutzen und sie stärker für die möglichen Gefahren zu sensibilisieren, die die neuen Dienste mit sich bringen;

15.  fordert weitere Initiativen, um die Erkundung des Internet durch Kinder sicherer zu machen, bewährte Praktiken weltweit zu verbreiten und die internationale Zusammenarbeit beim Kampf gegen schädliche und rechtswidrige Internetinhalte zu verstärken, insbesondere auch in Bezug auf den sexuellen Missbrauch von Kindern über das Internet;

16.  berücksichtigt auch die besondere Notwendigkeit, schutzbedürftige Menschen und insbesondere Minderjährige durch gemeinsames Handeln öffentlicher und privater Interessenträger zu schützen; betont erneut, dass bei der Bekämpfung von Internetkriminalität und Kinderpornographie nur dann Websites gesperrt werden sollten, wenn krimineller Inhalt nicht bereits an der Quelle gelöscht werden kann;

17.  ist der Auffassung, dass die Regierungen über die von der Kommission festgelegten Grundsätze der Internetverwaltung hinaus die folgenden zusätzlichen Grundsätze anwenden sollten:

   i) Transparenz, Multilateralität, Demokratie und Schutz der Grundrechte und Freiheiten gemäß den in der EU geltenden Normen;
   ii) Wahrung eines offenen, interoperablen, technologieneutralen und durchgängigen Aufbaus der Internet-Infrastruktur;
   iii) externe öffentliche Rechenschaftspflicht privatwirtschaftlicher Einrichtungen, die weltweite Internetressourcen im täglichen Betrieb verwalten;
   iv) Förderung der weltweiten Verwaltung des Internet durch Interaktion und weitere Unterstützung der Prozesse unter Beteiligung zahlreicher Akteure, wobei auch die Notwendigkeit zu berücksichtigen ist, dass die Entwicklungsländer verstärkt beteiligt werden;
   v) weltweiter Schutz der Integrität des Internet und der Kommunikationsfreiheit, indem von regional wirksamen Maßnahmen, wie dem Entzug von IP-Adressen oder Domänennamen in Drittländern, abgesehen wird;

18.  hebt hervor, dass die EU eine Konsenslösung für die Umsetzung der Grundprinzipien der Verwaltung des Internet erarbeiten und sie in den internationalen Foren und im Rahmen der bilateralen Beziehungen konsequent vertreten sollte;

19.  begrüßt die die Verwaltung des Internet betreffenden Aspekte der ’Granada-Strategie’ des spanischen Ratsvorsitzes und die Tatsache, dass in dem Bericht des Europäischen Parlaments über eine neue Digitale Agenda für Europa: 2015.eu(10) die Schaffung einer europäischen Charta der Bürger- und Verbraucherrechte im digitalen Umfeld und einer ’Fünften Freiheit’, die den freien Verkehr von Inhalten und Wissen möglich macht, vorgesehen ist;

20.  nimmt die am 24. Februar 2010 bekanntgegebene neue ’Internet-Politik 3.0’ der amerikanischen Regierung zur Kenntnis;

21.  betont, dass sich die EU mit drei entscheidenden Fragen von öffentlichem Belang befassen sollte:

   i) Schutz der Internet-Infrastruktur, um den offenen Zugang, die Verfügbarkeit, die Sicherheit und die Widerstandsfähigkeit gegen Angriffe sicherzustellen,
   ii) Abhängigkeit Europas von marktbeherrschenden Lösungen und den entsprechenden Risiken für die öffentliche Sicherheit und
   iii) Schutz von Daten und der Privatsphäre, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung wirksamer internationaler Mechanismen zur Streitbeilegung; fordert die Kommission auf, einen Vorschlag zur Anpassung der Datenschutzrichtlinie an die heutigen Gegebenheiten im digitalen Bereich vorzulegen;

22.  fordert die Mitgliedstaaten auf, in Abstimmung mit der Kommission den Schutz der Internet-Infrastruktur gegen Bedrohungen und Vorfälle mithilfe einer EU-weit harmonisierten Vorgehensweise und durch die Einrichtung nationaler IT-Notfallteams und die Schaffung von Mechanismen der Zusammenarbeit zwischen ihnen sicherzustellen;

23.  fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um die Erhöhung der Sicherheit im rechnergestützten virtuellen Raum in der EU sowie um eine angemessene Teilhabe an der internationalen Zusammenarbeit in dieser Angelegenheit zu verstärken; betont, dass ein Ansatz unter Beteiligung zahlreicher Akteure verfolgt werden muss, um ein besseres Verständnis und eine größere Sensibilisierung für die Rechtsprechung zur Internetkriminalität und für internetgestützte Dienste (’Cloud Computing’) zu schaffen, und zwar auf der Grundlage gleicher Bedingungen und durch die Festlegung klarer Verpflichtungen und Zuständigkeiten der einzelnen Akteure;

24.  betont, dass die Sicherheit elektronischer Dienstleistungen – insbesondere elektronischer Signaturen – wichtig ist und dass auf europäischer Ebene eine Infrastruktur öffentlicher Schlüssel (PKI – Public Key Infrastructure) geschaffen werden muss, und fordert die Kommission auf, eine Schnittstelle der europäischen Validierungsstellen (European Validation Authorities Gateway) einzurichten, um die grenzüberschreitende Interoperabilität elektronischer Signaturen zu gewährleisten und die Sicherheit von Transaktionen im Internet zu erhöhen;

25.  fordert die Kommission auf, den Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen des Europarates über Internetkriminalität noch nicht ratifiziert und umgesetzt haben, klare Vorgaben zu machen, damit sich alle Mitgliedstaaten zu gemeinsamen Anstrengungen bei der Bekämpfung der Computerkriminalität und von Spam verpflichten, das Nutzervertrauen gestärkt wird und der rechnergestützte virtuelle Raum der Europäischen Union gegen alle Arten von Straftaten und Rechtsverletzungen geschützt wird; fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das Übereinkommen des Europarates über Computerkriminalität zu ratifizieren und umzusetzen;

26.  fordert alle Mitgliedstaaten auf, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus zu ratifizieren und umzusetzen, wodurch eine Grundlage für die internationale Zusammenarbeit geschaffen werden könnte, um der Nutzung des Internet zu terroristischen Zwecken durch großangelegte, auf und durch Computersysteme ausgeführte Angriffe, die die nationale oder öffentliche Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl gefährden, entgegenzuwirken;

27.  empfiehlt darüber hinaus, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten auf eine größere Sicherheit und Stabilität des Internet hinwirken, indem sie Maßnahmen zur Erhöhung der Vielfalt der Netze und Systeme treffen, und zwar durch die Anwendung des Wettbewerbsrechts, der EU-Normen und im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge sowie

   i) durch die Unterstützung der Arbeit der ICANN im Bereich Sicherheit und Stabilität des Domänennamensystems und
   ii) durch die Unterstützung der Arbeit in internationalen Gremien wie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, den Vereinten Nationen und dem Europarat in den Bereichen verbesserte Rechtsrahmen und nationale Koordinierung;

28.  unterstreicht, dass sich angesichts des Erfolgs der sozialen Netze in Kombination mit den technischen Möglichkeiten des Internet im Bereich der Speicherung und Verarbeitung von Informationen das Problem der Vorratsspeicherung von Daten und der Verwendung gespeicherter Daten stellt; bedauert in diesem Zusammenhang, dass es derzeit im Internet kein ’Recht auf Vergessen’ gibt;

29.  betont die Notwendigkeit, für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Privatsphäre der Nutzer und der Erfassung personenbezogener Daten zu sorgen;

30.  bedauert, dass die zunehmende Nutzung von Internet-Netzwerken nicht mit der Schaffung von Regeln einhergeht, die es den Nutzern ermöglichen, die persönlichen Angaben, die sie in diesen Netzwerken preisgeben, zu verwalten;

31.  stellt fest, dass eine transparente und verantwortungsbewusste Internetpolitik eine wichtige Rolle bei der Überwachung der Art und Weise spielen kann, wie Suchmaschinen weltweit mit Information umgehen;

32.  fordert die Kommission auf, einen Vorschlag vorzulegen, der darauf abzielt, den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)(11) auf Verletzungen des Datenschutzes und der Privatsphäre auszuweiten, und fordert den Rat auf, eine Ermächtigung für die Aufnahme von Verhandlungen zum Abschluss eines internationalen Übereinkommens zu erteilen, das wirksame Rechtsbehelfe für natürliche Personen in der EU bei Verletzungen der ihnen nach EU-Recht garantierten Rechte auf Datenschutz und Schutz der Privatsphäre ermöglicht;

33.  unterstützt den Grundsatz ’privacy by design’ (’eingebauter Datenschutz’), wonach die Anforderungen in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz so bald wie möglich in den Lebenszyklus der neuen technologischen Entwicklungen eingebunden werden sollten, damit den Bürgern eine sichere und benutzerfreundliche Umgebung gewährleistet werden kann;

34.  macht auf die Tatsache aufmerksam, dass die Sicherheitszertifizierung von Websites notwendig wird, damit die Verbraucher vertrauensvoller auf im Internet verfügbare Informationen und Dienstleistungen zugreifen;

35.  betont, dass die Organe, Einrichtungen und Mitgliedstaaten der EU ihre Position zur Verwaltung des Internet in den verschiedenen damit befassten internationalen Gremien wie der ICANN und ihren beratenden Gremien, einschließlich des Government Advisory Committee (GAC – Beratungsausschuss der Regierungen), abstimmen sollten;

36.  hebt die Bedeutung der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA – European Network and Information Society Agency) bei der Schaffung eines einheitlichen europäischen Informationsraums hervor; stellt fest, dass die ENISA eine bedeutende Rolle, insbesondere im Hinblick auf die Vorbeugung, Behandlung und Behebung von Problemen in den Bereichen Netz- und Informationssicherheit, spielen kann, und begrüßt den angekündigten Vorschlag der Kommission zur Modernisierung der ENISA;

37.  betont, dass die Effizienz der ENISA weiter gesteigert werden muss, indem

   Forschungsprioritäten auf europäischer Ebene in den Bereichen Widerstandsfähigkeit der Netze sowie Netz- und Informationssicherheit festgelegt werden und das Wissen der Branche an potenzielle Forschungseinrichtungen weitergegeben wird;
   die Aufmerksamkeit der Entscheidungsträger auf neue Technologien in sicherheitsrelevanten Bereichen gelenkt wird;
   Foren für den Informationsaustausch aufgebaut werden und den Mitgliedstaaten Unterstützung geboten wird;

38.  betont, dass die ENISA hauptsächlich Mitgliedstaaten mit besonderen Erfordernissen unterstützt, und empfiehlt, dass die ENISA den Aufbau von Foren für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und Dritten fortsetzt;

39.  ist der Ansicht, dass der Kommission eine zentrale Rolle zukommt, was die Initiative und Koordinierung in sämtlichen internen Organisationsfragen in der EU betrifft, um, auch im Hinblick auf das IGF, einen kohärenten Ansatz der EU sicherzustellen;

40.  regt an, dass die Kommission Kapazitäten für eine eigene Vertretung der europäischen Zivilgesellschaft in internationalen Gremien zur Verwaltung des Internet und in Organisationen oder Konsortien, die Internet-Standards ausarbeiten, aufbauen sollte;

41.  ersucht die Kommission, die Festlegung eines kohärenten und umfassenden EU-Ansatzes für das IGF und andere wichtige Tagungen im Bereich der Internetverwaltung zu erleichtern, indem sie dem Europäischen Parlament und dem Rat rechtzeitig vor solchen Tagungen den Entwurf eines Positionspapiers zur Erörterung übermittelt;

42.  unterstützt die Fortführung und den Ausbau des IGF-Modells auf globaler, regionaler (einschließlich EuroDIG) und nationaler Ebene unter Wahrung seiner Hauptmerkmale als unverbindlicher Prozess, an dem sich zahlreiche Akteure beteiligen, und als offenes Forum für den Dialog und den Austausch bewährter Verfahren zwischen Regierungen, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor sowie als neue Form der partizipatorischen Demokratie;

43.  hält es für wichtig, dass auch die Akteure in Asien unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten dieses Marktes in die Diskussion über die Internetverwaltung einbezogen werden;

44.  betont die Notwendigkeit, auch die Endverbraucher in den Prozess der Schaffung eines neuen Modells für die Internetverwaltung einzubeziehen, wobei der Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten und der Wirtschaft auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene gelegt werden sollte;

45.  empfiehlt, das IGF wie folgt zu verbessern:

   i) verstärkte Beteiligung der Entwicklungsländer, wobei der Finanzierung dieser Beteiligung besondere Beachtung geschenkt werden muss;
   ii) verstärkte Präsenz in den Medien;
   iii) effizientere Organisation der Tagungen, z. B. durch eine Einschränkung der Zahl der gleichzeitig stattfindenden Sitzungen, die Schaffung einer festen Plattform, um die weltweite Beteiligung zu erleichtern, und die Verstärkung der Mehrsprachigkeit;
   iv) bessere Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Foren für die Verwaltung des Internet, die auf globaler, regionaler und nationaler Ebene bestehen, und
   v) verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten unter Einsatz aller verfügbaren technologischen Möglichkeiten wie Videokonferenzen sowie im Wege der Nutzung des interparlamentarischen Austauschs von EU-Informationen (IPEX);

46.  unterstützt die Tätigkeit der Kommission und des spanischen und belgischen Ratsvorsitzes im Zusammenhang mit der IGF-Tagung in Vilnius im September 2010, und fordert dazu auf, das Europäische Parlament stärker daran zu beteiligen;

47.  unterstützt generell den Standpunkt der Kommission zugunsten des gegenwärtigen ICANN-Verwaltungsmodells, dem eine Führungsrolle des privaten Sektors zugrunde liegt;

48.  stellt fest, dass es der ICANN gelungen ist, die Stabilität des Domänennamensystems zu wahren;

49.  unterstützt die Fortsetzung des unlängst von der ICANN eingeleiteten Prozesses, Domänennamen in anderen Alphabeten als dem lateinischen zuzuweisen;

50.  fordert die Einführung einer neuen allgemeinen Domäne oberster Stufe, beispielsweise ’.culture’ oder ’.art’, für kulturelle Organisationen und Einrichtungen sowie für Medien und Künstler;

51.  fordert eine stärkere Rechenschaftspflicht für private Unternehmen, die Domänennamen registrieren und vergeben und damit eine Dienstleistung erbringen, auf die die Gesellschaft inzwischen in hohem Maße angewiesen ist; fordert zudem, dass in diesem Zusammenhang gemeinsame Kriterien festgelegt werden, damit die Transparenz verbessert wird und die genannten Unternehmen mehr Verantwortung übernehmen;

52.  fordert den Registrar der .eu-Domäne, EURid, auf, eine intensive Medien- und Internet-Kampagne zur Verbreitung der .eu-Domäne in allen Mitgliedstaaten durchzuführen, um die Entwicklung eines europäischen Internet-Raums auf der Grundlage der Werte, Merkmale und Strategien der Europäischen Union zu fördern;

53.  hebt die Bedeutung des Beratungsausschuss der Regierungen (GAC) im Entscheidungsprozess der ICANN hervor, und empfiehlt, dass die Effizienz der GAC gesteigert wird, unter anderem durch die Einrichtung eines Sekretariats mit angemessenen Unterstützungsmöglichkeiten; und hält es für wichtig, dass sich alle EU-Mitgliedstaaten aktiv an der Arbeit dieses Ausschusses beteiligen;

54.  ist der Auffassung, dass die ICANN durch folgende Maßnahmen verbessert werden sollte:

   i) neben einer Bewertung der Effizienz der vorhandenen Streitbeilegungsmechanismen (unabhängige Überprüfungsgruppe und Ombudsperson der ICANN) die Einführung eines anderen, externen Streitbeilegungsmechanismus, durch den die Interessenträger die Möglichkeit erhalten, Entscheidungen der ICANN wirksam, unparteiisch, zügig und zu tragbaren Kosten überprüfen zu lassen;
   ii) eine schrittweise eingeführte diversifizierte Finanzierungsstruktur, bei der eine Obergrenze für die jeweilige Finanzierung durch eine Stelle oder einen Sektor festgelegt wird, um eine ungebührliche Einflussnahme einzelner Stellen oder einer Gruppe von Stellen auf die Tätigkeit der ICANN zu verhindern;
   iii) eine angemessene Vertretung aller Interessenträger bei der ICANN;
   iv) die Sicherstellung dessen, dass der Vorstand und die oberste Leitung der ICANN ein Spektrum von Interessen und Regionen vertreten;
   v) die Aufwendung eines angemessenen Teils seiner Rücklagen, um die Teilhabe der Zivilgesellschaft (insbesondere aus Entwicklungsländern) an Foren für die Verwaltung des Internet zu fördern;

55.  unterstützt die Auffassung der Kommission, dass die IANA-Regelungen auch Mechanismen für eine multilaterale Rechenschaftspflicht einschließen sollten, und bekräftigt, dass die IANA in Zukunft nicht unter dem beherrschenden Einfluss einer einzelnen Regierung stehen sollte, sondern dass ihre Aufgaben zunehmend so internationalisiert werden sollten, dass eine multilaterale Aufsicht erreicht wird;

56.  ist der Ansicht, dass die Verpflichtungserklärung (’Affirmation of Commitments’) aus dem Jahre 2009 eine positive Grundlage für die weitere Entwicklung der ICANN bilden kann, wobei es jedoch hervorhebt, dass

   i) die EU, in erster Linie über die Kommission, aktiv zu ihrer Umsetzung beitragen sollte, unter anderem mithilfe der Überprüfungsgruppen und indem sie sicherstellt, dass die Mitglieder dieser Gruppen unabhängig sind, keine Interessenkonflikte aufweisen und verschiedene Regionen vertreten;
   ii) die Empfehlungen der Überprüfungsgruppen, nachdem die Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, der ICANN umgesetzt werden sollten und ihre Nichtumsetzung begründet werden sollte;

57.  ersucht die Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich und erstmals bis März 2011 einen Bericht über die Tagungen vorzulegen, die im Vorjahr im Bereich der Verwaltung des Internet stattgefunden haben;

58.  beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.

(1) ABl. C 104 vom 14.4.1999, S. 128.
(2) ABl. C 343 vom 5.12.2001, S. 286.
(3) ABl. C 27 E vom 31.1.2002, S. 84.
(4) ABl. C 133 E vom 8.6.2006, S. 140.
(5) ABl. C 286 E vom 23.11.2006, S. 495.
(6) ABl. C 303 E vom 13.12.2006, S. 879.
(7) ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 80.
(8) Angenommene Texte, P6_TA(2009)0194.
(9) ABl. L 337 vom 18.12.2009, S. 11.
(10) Angenommene Texte, P7_TA(2010)0133.
(11) ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40.

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