Internet-Law

Onlinerecht und Bürgerrechte 2.0

27.3.15

Erstes Urteil zum Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 06.01.2015 (Az.: 15 O 412/14) einen Anspruch nach den neuen Regelungen des Leistungsschutzrechts für Presseerzeugnisse bejaht.

Das Urteil ist allerdings aus mehreren Gründen problematisch und sollte in dieser Form keinen Bestand haben. Das Gericht bejaht für einen Screenshot einer Website die Voraussetzungen eines Presseerzeugnisses im Sinne von § 87 f Abs. 2 UrhG, ohne dies näher zu prüfen. Das Urteil lässt nicht erkennen, dass das Gericht geprüft hätte, ob eine redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge vorliegt, die verlagstypisch ist.

Entscheidend für eine Verletzung des Leistungsschutzrechts ist es nach § 87 g Abs. 4 UrhG, dass die öffentliche Zugänglichmachung durch einen gewerblichen Anbieter von Suchmaschinen oder gewerblichen Anbieter von Diensten erfolgt, der Inhalte wie eine Suchmaschine aufbereitet. Das wird vom Gericht weder ausgeführt, noch erscheint dies aufgrund des Tatbestands des Urteils naheliegend. Vielmehr legt das Gericht dar, dass der Screenshot, der als rechtsverletzend betrachtet wurde, mittels Direkteingabe der URL erreichbar war. Der Beklagte als Anbieter des Screenshots war also offensichtlich keine Suchmaschine bzw. ein wie eine Suchmaschine arbeitender Dienst.

Das Urteil des Landgerichts Berlin ist daher falsch. Der vom Gericht zu beurteilende Sachverhalt kann nicht über das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse gelöst werden.

Gleichwohl zeigt die Entscheidung, welche Blüten das verunglückte Leistungsschutzrecht treiben kann, wenn es von Gerichten ausgelegt wird, die den Regelungsgehalt nicht durchdrungen haben.

posted by Stadler at 13:59  

8 Comments

  1. Wäre schon notwendig zu wissen, wer gegen wen geklagt hat. Man könnte das Urteil – zumindest als Laie – besser einordnen.

    Comment by GustavMahler — 27.03, 2015 @ 19:37

  2. @GustavMahler: Wozu? So wie ich das sehe, würden Ihnen die Namen der Beteiligten auch nichts sagen. Es geht um einen Screenshot einer Website. That’s All.

    Comment by Stadler — 27.03, 2015 @ 20:29

  3. @stadler
    Mich würde vor allem interessieren, wer sich als Presseverleger bezeichnet.
    Bin ich ein Verlag, weil ich mit diesem Geschäftszweck im HR eingetragen bin oder reicht es, wenn ich mich auf meiner Webseite so bezeichne; benötige ich eine Gewerberlaubnis? Muss ich auf meiner Webseite deutlich erkennbar als Verlag gekennzeichnet sein? Muss ich einem Verband angehören?

    Comment by GustavMahler — 28.03, 2015 @ 09:24

  4. “ … die den Regelungsgehalt nicht durchdrungen haben.“
    Upps! Heißt doch im Klartext: „die das Gesetz nicht begriffen haben!“
    Hoffentlich wertet das Landgericht (!) das jetzt nicht als Vorwurf der „Schmalspurjuristerei“ und erhebt Klage wegen Beleidigung! :)

    Comment by dentix07 — 28.03, 2015 @ 12:14

  5. Exakt. Das Gericht hat das Gesetz offenbar noch nicht einmal vollständig gelesen. Es sieht allerdings so aus, als hätte der Antragsgegner den für die Anwendung des LSR zentralen Aspekt ebenfalls nicht erkannt.

    Comment by Stadler — 28.03, 2015 @ 12:34

  6. Snippet von eigener Homepage – da macht man nichts falsch: „Solche komplizierten Fälle zeigen, dass die Gerichte und auch der Gesetzgeber mit dem Urheberrecht überfordert sind. Wahrscheinlich ist die vollständige Abschaffung, wie im Buch „No Copyright“ von Joost Schmiers und Marieke van Schijndel gefordert, der beste Weg.“

    Comment by Schmunzelkunst — 30.03, 2015 @ 19:21

  7. Das Urteil hat doch Markus Kompa erreicht. Das wäre nach dem YouTube-Urteil das zweite idiotische Urteil, was dieser Anwalt erreicht hat.

    Schertz ist da klüger. Sieht dieser Anwalt, dass er verliert, so nimmt Schertz die Klage beim OLG bzw. bei dem Kammergericht zurück. Damit verhindert Schertz, dass es verheerende Urteile gibt. Kompa ist da einfach primitiver, freut sich über jeden Mist.

    Comment by Rolf Schälike — 3.04, 2015 @ 10:01

  8. @dentix07

    Diese Art von Argument wundert mich auch, da sie nicht der normalen Qualität des Blogs entspricht. Was immer man gegen das LSR einwenden kann, aber wenn ein Gericht ein Gesetz nicht versteht oder liest, muss das nicht am Gesetz liegen.

    Comment by thorstenv — 8.04, 2015 @ 16:36

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