Kinderpornos

Regierung hebt Sperrgesetz auf

Das umstrittene „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ (Zugangserschwerungsgesetz) soll Geschichte werden: der Koalitionsausschuss beschloss vergangene Woche die vorläufige Absage an die Errichtung einer Internet-Sperrinfrastruktur.

Am 23. Februar 2010 in Kraft getreten, war dem Zugangserschwerungsgesetz kein langes Leben beschieden. Vom Bundeskriminalamt (BKA) geführte Sperrlisten mit so genannten „vollqualifizierten Domain-Namen“ sollten beim Aufruf kinderpornographischer Inhalte dazu führen, dass ein Stoppschild auf dem Bildschirm erscheint und den weiteren Zutritt verwehrt. Das Gesetz war von Anfang an umstritten, da derartige Sperren praktisch leicht zu umgehen sind, die maßgeblichen Teile dieser rechtswidrigen Inhalte ohnehin nicht über Webseiten erreichbar sind und vor allem eine Infrastruktur zur Zensur weiterer missbilligter Inhalte errichtet würde. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen hatten sich Union und FDP daher auf einen Nichtanwendungserlass verständigt und beschlossen, für die Dauer eines Jahres durch das BKA zunächst zu testen, ob nicht der Grundsatz „Löschen statt Sperren“ zu effektiveren Ergebnissen führt.

Diese Evaluierungsphase hat nun offenbar zu einem Umdenken geführt. Im Interview mit der Tagesschau zeigte sich Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger angetan: „Von den Hinweisen auf kinderpornographische Abbildungen, die an diese Stellen gehen, führen 99 Prozent in den ersten Wochen zum Löschen. Das ist wirklich gut. Wir arbeiten auch intensiver mit anderen Staaten zusammen.“. Bestätigt wurde sie durch Innenminister Hans-Peter Friedrich: „Wir haben nach der Evaluierungsphase festgestellt, dass wir erhebliche Fortschritte beim Löschen machen. Ich denke, es lässt sich rechtfertigen, dass wir dieses weitergehende Mittel des Löschens wählen, und zwar als einziges in Zukunft.“ Nach Einschätzung der Tagesschau sind durch das nun „sichere Aus“ die Stoppschilder kein Thema mehr. Formal müsste das Gesetz jedoch noch aufgehoben werden, ein entsprechendes „Löschgesetz“ war als Entwurf bereits im April 2010 diskutiert worden.

Erleichtert zeigte sich der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur), wollte sich eine endgültige Bewertung jedoch bis zur Vorlage eines Aufhebungsgesetzes vorbehalten. Die Löscherfolge von eco und die Ergebnisse des BKA hätten jedoch bewiesen, dass „Löschen statt sperren“ in der Praxis funktioniert. Zudem sieht der AK Zensur neue dunkle Wolken aufziehen, da die Europäische Union unverändert Zugangssperren prüft und nun auch im Zuge der Novellierung des Glücksspiel-Staatsvertrags über Sperren nachgedacht wird. Die Gefahr einer Zensurinfrastruktur scheint daher weiterhin nicht gebannt.

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