BITKOM

scharfe Kritik am Kinderporno-Gesetz

Die Kritik an den Plänen der Bundesregierung, Internet-Provider durch ein Gesetz zur Sperrung ausgewählter Webseiten zu verpflichten, wird lauter: nach einer Meldung des Online-Magazins heise.de fordert der Branchenverband BITKOM massive Änderungen am Gesetzesentwurf.

Der Branchenverband BITKOM, der sich als Sprachrohr für mehr als 1.200 Unternehmen der IT-, Telekommunikations- und Neue-Medien-Branche versteht, hat in einem 16seitigen Papier, das heise.de vorliegt, scharfe Kritik an dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzesentwurf geäußert. Ebenso wie zahlreiche Kritiker zuvor bemängelt BITKOM nicht das Ziel, Kinder zu schützen und sowohl ihren Mißbrauch, als auch die Verbreitung von Kinderpornographie zu verhindern, in Frage, jedoch den Weg dorthin. So kritisiert der Verband, dass die Regelung im Telemediengesetz aufgenommen werden soll, was zu Systembrüchen führe und eine Ausdehnung über kinderpornographisches Material hinaus etwa auf Glücksspielangebote erwarten lasse. Unbestimmte Begriffe wie etwa „Zieladressen“ oder „vollqualifizierte Domainnamen“ gäben reichlich Interpretationsspielraum. Besonders unangenehm stößt BITKOM auf, dass die Provider mitprotokollieren sollen, wann wer eines der gesperrten Angebote abrufe; derartige Informationen sollen zudem auf Anfordern den Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden. Damit ist etwa durch gezieltes Verbreiten von Links etwa durch simples Forwarding einem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Bedauerlich scheint, dass technische Gründe wie das allseits zitierte Youtube-Video, das in 27 Sekunden erklärt, wie mit wenigen Klicks die Sperre umgangen werden kann, bisher kaum Eingang in das Gesetzesverfahren gefunden haben. Zudem fehlt jede Kontrolle, welche Adressen auf die Sperrliste geraten, einschließlich der Frage, wann sie dort wieder zu entfernen sind. Dass über kurz oder lang eine solche Liste im Internet auftaucht, wäre auch wenig verwunderlich. Dies ließe bereits unbeachtet, dass das geplante Gesetz nur für Diensteanbieter mit mehr als 10.000 Nutzungsberechtigten verpflichtend sein soll; kleinere Provider sind damit ausgenommen. Ein Gesetz, das von Anfang an löchrig ist und zur Umsetzung seines Ziels kein geeignetes Mittel ist, dürfte indes einer Verhältnismässigkeitsprüfung kaum standhalten.

Unterdessen hat eine Online-Petition der 29jährigen Berlinerin Franziska Heine gegen den Gesetzesentwurf innerhalb von lediglich vier Tagen mehr als 50.000 Unterstützer gefunden. Die Petition fordert, dass der Deutsche Bundestag die Änderung des Telemediengesetzes nach dem vorgelegten Gesetzentwurf ablehnt, da man das geplante Vorgehen, Internetseiten vom BKA indizieren und von den Providern sperren zu lassen, für undurchsichtig und unkontrollierbar hält; hierdurch werde das Grundrecht auf Informationsfreiheit gefährdet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verleiht Artikel 17 Grundgesetz demjenigen, der eine zulässige Petition einreicht, ein Recht darauf, dass die angegangene Stelle die Eingabe nicht nur entgegennimmt, sondern auch sachlich prüft und die Art der Erledigung schriftlich mitteilt. Die Online-Petition wird daher im Regelfall im Petitionsausschuss öffentlich beraten, wobei Heine als Petentin zu dieser Beratung eingeladen wird und Rederecht erhält. Ein Termin hierfür ist öffentlich bisher nicht bekannt.

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