AG Frankfurt/M

Kläger verfliegt Gerichtsstand

Zum zweiten Mal in diesem Jahr beschäftigte sich das Amtsgericht Frankfurt/Main eingehend mit dem Thema „fliegender Gerichtsstand nach § 32 ZPO“, diesmal zur Frage, inwieweit bei Urheberrechtsverletzungen im Internet der Geschädigte sich das Gericht, vor dem er klagt, aussuchen kann (Beschluss vom 21.08.2009, Az.: 31 C 1141/09). Die Entscheidungen bildet einen weiteren Abgesang auf den fliegenden Gerichtsstand.

Die durch Urheberrechtsverletzungen Geschädigte vertretende DigiProtect mit Sitz in Frankfurt klagte vor dem Amtsgericht Frankfurt/Main gegen den Beklagten, der seinen Wohnsitz in Siegen hat. Das AG Frankfurt schaute sich zunächst an, ob es selbst örtlich zuständig ist, und verwies, nach eingehender und ausführlicher Prüfung, die Sache an das Amtsgericht in Bochum. Es ist der Ansicht, es gelte im Streitfall der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten, was in diesem Falle das für Siegen zuständige AG Bochum ist. Das AG Frankfurt/M geht grundsätzlich davon aus, dass bei Urheberrechtsverletzungen im Internet kein fliegender Gerichtsstand (§ 32 ZPO) gegeben ist, aufgrund dessen der Geschädigte sich aussuchen kann, vor welchem Gericht er klagt. Damit setzt das AG Frankfurt/M, wie es erklärt, die Rechtsprechung des BGH zum fliegenden Gerichtsstand bei Presseerzeugnissen fort.

In seinen Entscheidungsgründen legt das Gericht schulmäßig die Norm des § 32 ZPO aus. Sowohl die wörtliche als auch die systematische, die teleologische und die historische Auslegung des § 32 ZPO führen zum Ergebnis, dass er nicht für eine Urheberrechtsverletzung im Internet einschlägig ist. Im Rahmen der wörtlichen Auslegung zieht das Gericht Parallelen zur BGH-Rechtsprechung des fliegenden Gerichtsstandes, der sich auf Presseerzeugnisse bezieht und den die Gerichte kurzerhand auf Internetrechtsstreite übertrugen. Während die herrschende Meinung bei Urheberrechtsverletzungen im Internet davon ausgeht, dass Begehungsort überall dort ist, wo man das Internet abrufen kann, differenziert der Bundesgerichtshof zwischen Handlungs- und Erfolgsort und macht deutlich, dass es auf den Erfolgsort nur dann ankommt, wenn nicht bereits die Handlung den Erfolg vollenden könnte. Bei Presseerzeugnissen legt der Schädiger selbst den Bereich der Verbreitung fest, der den Erfolgsort markiert und so den fliegenden Gerichtsstand bezeichnet. Im Internet, so das AG Frankfurt/M sieht die Sache aber anders aus:

Die mit dem Internet einhergehende weltweite Verbreitung ist eine zwangsläufige, technisch bedingte Gegebenheit, aber nicht zwingend die Absicht des Schädigers. Zudem fallen im Internet Handlungs- und Erfolgsort zeitlich zusammen, da das Einstellen der Daten ins Internet die Urheberrechtsverletzung und damit den Erfolg unmittelbar bewirkt. Im Sinne der BGH-Rechtsprechung kommt es dann aber nicht mehr auf den Ort des Erfolges an mit der Folge, dass der fliegende Gerichtsstand nicht eingreift, sondern der allgemeine Gerichtsstand maßgebend ist. Auf den Erfolgsort kommt es bei der Verletzungshandlung nicht an, wenn bereits die Handlung den Erfolg vollendet.

Sollten sich weitere Gerichte an der Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Gerichtsstand bei Internetstreitigkeiten beteiligen (wie schon das OLG München, das AG und das LG Krefeld) und die Argumentation des AG Frankfurt aufgreifen, sollte dies die Rechtsentwicklung insgesamt weiterbringen. Die Orientierung an „klägerfreundlich“ entscheidenden Gerichten bei der Klageerhebung fiele dann weg, und das Ungleichgewicht, welches die einseitige Rechtsprechung mit sich bringt, wird allmählich aufgehoben. Entscheidungen wie die des AG Frankfurt/M sind höchst begrüßenswert.

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