.xxx

Neue Chance für Porno-Domain?

Totgesagte leben länger: nachdem der ICANN-Vorstand dem Registry-Agreement zur Einführung der Porno-Domain .xxx noch im Mai vergangenen Jahres eine klare Absage erteilt hat, scheint man sich nunmehr doch für einen eigenen Rotlichtbezirk im Internet begeistern zu können. Die Kehrtwende soll ein überarbeiteter Vertragsentwurf mit ICM Registry, Inc., dem Bewerber um die Verwaltung von .xxx, herbeiführen.

Kaum eine Domain-Endung wurde in den vergangenen sieben Jahren, seit erstmals ein Vorstoss zur Schaffung einer eigenen Erotik-Domain gemacht wurde, so heftig und kontrovers diskutiert wie .xxx. Für die Internet-Verwaltung ICANN schien die Sache zunächst klar: kann ein Bewerber die erforderliche technische und wirtschaftliche Kompetenz sicherstellen, und ist die Sicherheit und Stabilität des Internets nicht gefährdet, ist seinem Antrag grundsätzlich zu entsprechen; auf Inhalte kommt es demnach nicht an. Folgerichtig hatte ICANN im Juni 2005 zunächst grünes Licht für .xxx gegeben. Knapp ein Jahr später musste man sich jedoch dem öffentlichen (und wohl vor allem politischen) Druck beugen, und entschied sich dagegen, mit ICM Registry ein Registry-Agreement zu treffen. Doch nachdem ICM Registry Anfang des Jahres nun völlig überraschend einen überarbeiteten Vertragsentwurf präsentierte, will man bei ICANN von einer Absage wiederum nichts mehr wissen.

Der überarbeitete Entwurf enthält einige Änderungen, die bei genauerem Hinsehen kaum als grundlegend angesehen werden können. So verpflichtet sich ICM unter anderem, Kinderschutzorganisationen finanziell zu unterstützen, Kinderpornographie zu verbieten und Schutzmassnahmen einzurichten, eine Anbieterkennzeichnung von den Domain-Inhabern zu fordern, eine Überwachung der Domains auf Einhaltung der Registrierungsregeln zu gewährleisten und einen Ombudsmann zu ernennen. Daneben finden sich auch widersprüchliche Regelungen; so will ICM einerseits die Identität seiner Kunden schützen, zugleich aber einen umfassenden WHOIS-Service etablieren – beides ist schlechterdings unvereinbar.

Obwohl das Medieninteresse an der Rotlicht-Domain weltweit un-
gebrochen hoch ist, mehren sich selbst innerhalb der potentiellen Zielgruppe die Stimmen gegen eine Einführung. So hatte sich Hustler-Gründer Larry Flint noch am 30. April 2006 schriftlich an den ICANN-Vorstand gewandt und gewarnt, dass die Einführung von .xxx die Vorstufe zu einer künftigen Zensur des Internets sei. Nach Einschätzung von Branchenangehörigen würden die neuen Domains ausserdem lediglich zusätzlich Kosten verursachen, zumal kein Anbieter freiwillig zu .xxx wechselt, wenn er bereits über ein Internetangebot unter einer etablierten .com-Domain verfügt. Noch mehr wie in der aktuellen Diskussion um Killerspiele drängen sich ferner Definitionsprobleme auf: welche Inhalte sind letztlich als „sexually explicit“ anzusehen? Dieser Begriff werde weltweit höchst unterschiedlich ausgelegt; selbst innerhalb der USA scheiden sich hier die Geister. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass entsprechend dem Motto „sex sells“ eine eigene .xxx-Domain grosse Anziehungskraft auf die Internetnutzer hätte.

Über das weitere Schicksal der TLD können noch bis 5. Februar die Internetnutzer auf der ICANN-Website diskutieren. Wann dagegen ICANN seine Entscheidung fällt, ist offen.

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