Neue TLDs

öffnet ICANN Büchse der Pandora?

Die Internet-Verwaltung macht den Weg für eine unbegrenzte Anzahl neuer Top Level Domains frei: anlässlich des 32. Meetings in Paris beschloss die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), anstelle von beschränkten Bewerberrunden ein reguläres Konzept zur Einführung neuer Endungen zu etablieren.

„Historisch“ und „grösste Expansion des Internets seit 40 Jahren“ – mit diesen Worten kommentierte die Weltöffentlichkeit die Entscheidung des ICANN-Vorstands nach jahrelanger Diskussion, eine Empfehlung der Generic Names Supporting Organisation (GNSO) umzusetzen und ein standardisiertes Verfahren zur Einrichtung neuer Top Level Domains zu schaffen. Egal, ob nun .web, .shop, .hansi oder .dsds, voraussichtlich bereits ab 2. Quartal 2009 kann sich grundsätzlich jedermann um die Verwaltung seiner Domain-Endung bewerben. „Das Potential ist riesig. Die Entscheidung bedeutet einen massiven Anstieg der virtuellen Grundstücke des Internets“, zeigte sich ICANN-CEO Dr. Paul Twomey euphorisch.

Die Details des standardisierten Verfahrens („evaluation process„) stehen noch nicht fest, und müssen vom ICANN-Vorstand erst verabschiedet werden. Leicht wird der Weg zur eigenen TLD aber nicht: innerhalb eines beschränkten Zeitraums müssen sich Interessenten zunächst um die Einführung bewerben, wobei sämtliche Bewerbungen veröffentlich werden. Sodann durchlaufen sie verschiedene Prüfungsphasen, in der die Bewerbungen auf mögliche Rechtsverletzungen oder sonstige Risiken für die Sicherheit und Stabilität des Internets beleuchtet werden; hierzu zählt beispielsweise die Gefahr von Verwechslungen mit existierenden Endungen. Die Bewerber müssen weiter darlegen, dass sie zum Betrieb einer TLD technisch wie wirtschaftlich in der Lage sind. Ganz am Ende steht ein Vorstandsbeschluss von ICANN, die neue Endung einzuführen. Die einzelnen Schritte dieses komplizierten Prozesses erläutert ein von ICANN konzipiertes Flussdiagramm, um die derzeit diskutierten Einzelheiten des Standardprozesses besser nachvollziehen zu können. Neben ihren eigenen Kosten haben die Bewerber schließlich auch eine Gebühr zu entrichten; obwohl ICANN hierzu offiziell keine Angaben macht, gelten Beträge in der Größenordnung von US$ 50.000,– bis US$ 500.000,– als realistisch. Als Zeitdauer für das gesamte Verfahren sind schließlich vier Monate veranschlagt.

Doch das Konzept wirft auch eine Vielzahl noch ungeklärter Fragen auf: sind Bewerbungen um .jihad oder .nazi zulässig? Wem gehört bei Doppelbezeichnungen geographischer Regionen oder Städte wie im Fall .frankfurt das Erstzugriffsrecht? Bezieht sich .arab auf eine Region oder einen Kulturkreis? Steht .med für Medizin oder den Mittelmeerraum? Haben Markeninhaber ein Erstzugriffsrecht? Sind Sunrise-Phasen künftig verpflichtend? Und kommt .xxx jetzt doch? So paradox es klingt: eine Einfüh- rung zahlloser neuer TLDs könnte die etablierten Endungen wie .com oder .de stärken, da das Netz immer unübersichtlicher wird und schon jetzt nur Experten die längst eingeführten, aber kaum gebräuchlichen Endungen wie etwa .coop, .jobs oder .museum kennen.

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