Netzsperren

EU-Parlament wagt neuen Vorstoß

Und ewig lockt die Websperre: wie netzpolitik.org, eine Plattform für digitale Bürgerrechte, berichtet, will der Ausschuss Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments die umstrittene Regelung erneut auf die Tagesordnung setzen.

Nach Angaben der Plattform arbeitet man in Brüssel aktuell an der Verordnung »Telecom Single Market«, mit der man den Grundsatz der Netzneutralität EU-weit verankern will. Der konservative britische Abgeordnete Malcolm Harbour soll dies zum Anlass genommen haben, eine Einigung zwischen Sozialdemokraten und Konservativen für folgende Regelung herbeizuführen: »In accordance with Directive 2011/93/EC it may also include voluntary actions of providers to prevent access to and distribution of child pornography. (Kompromiss-Änderungsantrag 22, Erwägungsgrund 47)«. Bei seinem Vorstoß könne Harbour auf die Unterstützung der EU-Abgeordneten Stihler, Vergnaud, Collin-Langen und Schwab bauen; die Abgeordneten Weidenholzer, Engström und Verheyen hätte sich dagegen inzwischen von dem Vorschlag distanziert. Nach Ansicht von netzpolitik.org bedeutet dies, dass Internetprovider künftig nach Belieben in den Datenverkehr eingreifen sollen, um die Verbreitung von kinderpornographischen Inhalten oder anderen, nicht näher definierten »schweren Verbrechen« zu verhindern.

Dabei schien das Thema Websperren auf EU-Ebene bereits erledigt. Ende 2011 verschärfte das EU-Parlament in der »Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie« zwar die Strafen für das Betrachten von kinderpornographischen Inhalten im Internet; Produzenten von Kinderpornographie erwartet beispielsweise eine Gefängnisstrafe von mindestens drei Jahren, und sich pornographisches Material von Kindern im Internet anzusehen, wird mit mindestens einem Jahr bestraft. Gescheitert war dagegen die EU-Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia Malmström, mit ihrer Forderung nach der Errichtung obligatorischer Internetsperren. Nach Artikel 25 der Richtlinie bleibt es den einzelnen Mitgliedsstaaten vorbehalten, die aus ihrer Sicht erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Internetseiten, die Kinderpornographie enthalten oder verbreiten und sich auf Servern in ihrem Hoheitsgebiet befinden, unverzüglich entfernt werden. Damit wurde der Grundsatz »Löschen vor Sperren« gesetzlich normiert. Entscheidet sich seither ein Staat für Sperrmaßnahmen, muss er die dafür geltenden Regeln in transparenten Verfahren festlegen und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen bieten, insbesondere um sicherzustellen, dass die Einschränkung auf das Notwendige beschränkt und verhältnismäßig ist; zudem muss der Nutzer über den Grund für die Beschränkung informiert werden.

In Deutschland hat man davon keinen Gebrauch gemacht, im Gegenteil: im Herbst 2011 beschloss der Bundestag nahezu einstimmig die Aufhebung des erst am 23. Februar 2010 in Kraft getretenen »Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen«, besser bekannt als Zugangserschwerungsgesetz. Zu einer praktischen Anwendung kam das Gesetz nie.

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