Vorratsdatenspeicherung

EU-Kommission tritt auf die Bremse

Die EU-Kommission hat ihre Pläne für eine neue Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) vorerst begraben. Das berichtet das »Logbuch:Netzpolitik«, ein wöchentlicher Podcast über das netzpolitische Geschehen von Linus Neumann und Tim Pritlove.

Mit Urteil vom 8. April 2014 hatte der Gerichtshof der Europäischen Union (Az. C-293/12 und C-594/12) die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten für ungültig erklärt. Sie beinhalte einen Eingriff von großem Ausmaß und von besonderer Schwere in Grundrechte, ohne dass sie Bestimmungen enthielte, die zu gewährleisten vermögen, dass sich der Eingriff tatsächlich auf das absolut Notwendige beschränkt. Zugleich hatte der EuGH aber anerkannt, dass einige Einschränkungen der Grundrechte im Sinne eines legitimen und allgemeinen Interesses gerechtfertigt sein könnten, nämlich beim Kampf gegen schwere Kriminalität und Terrorismus. Dies sorgte dafür, dass das Thema VDS immer wieder auf die Tagesordnung geriet, zuletzt etwa im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Redaktion des Pariser Satiremagazins »Charlie Hebdo«.

Doch zumindest die EU-Kommission betonte nun, dass keine Vorbereitungen für einen einheitlichen Ansatz zur Vorratsdatenspeicherung liefen. Wie das »Logbuch:Netzpolitik« in seinem Podcast »LNP130 Radikalisierung durch Internet« berichtet, habe es eine Orientierungsdebatte in der EU-Kommission gegeben. Allerdings sehe man wenig Möglichkeiten, das Urteil des EuGH gesetzeskonform umzusetzen; man werde aber nationale Gesetze und deren Entwicklung weiter prüfen. Innerhalb der Bundesregierung scheint es jedoch ohnehin keine einheitliche Position zu geben. Während Innenminister Thomas de Maizière ein Handeln anmahnt, trete Justizminister Heiko Maas auf die Bremse und spiele damit die Rolle, die bisher Sabine Leutheusser-Schnarrenberger innehatte. Dass sich damit die Jahrzehnte alte Diskussion um die VDS erledigt hat, ist indes zu bezweifeln. Nach Einschätzung von Katharina Nocun, Campaignerin der Bürgerinitiativen-Plattform Campact, laufen im Hintergrund weitere Evaluationen, inwiefern doch noch eine den Anforderungen des EuGH entsprechende Richtlinie geschaffen werden kann. Dabei habe die Kommission ohnehin auch mit Scheinargumenten gearbeitet, wie etwa der Bestrebung, die VDS zur Harmonisierung des europäischen Binnenmarkts einzuführen; dies habe nicht funktioniert, da beispielsweise in Polen die Daten zwei Jahre gespeichert würden, in anderen Ländern hingegen nur sechs Monate.

Dass die gängigen Begründungsansätze für eine Vorratsdatenspeicherung nicht überzeugen, hat der Freisinger Rechtsanwalt Thomas Stadler bereits im letzten Jahr herausgearbeitet. In einem Blogeintrag mit dem Titel »Acht Mythen zur Vorratsdatenspeicherung« verweist er beispielsweise darauf, dass es in keinem einzigen EU-Mitgliedsstaat empirische Belege dafür gibt, dass die VDS zu einer erhöhten Aufklärungsquote geführt hat. Zudem zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik, dass die Aufklärungsquote bei Internetstraftaten in Deutschland auch ohne VDS überdurchschnittlich hoch ist. Schließlich sei daran erinnert, dass es in Frankreich eine zwölfmonatige VDS gibt; auch sie konnte die Anschläge von Paris nicht verhindern.

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