ICDR

»String Confusion« sorgt für Chaos

Das Verfahren der »String Confusion Objection« entwickelt sich zum Glücksspiel: nach mehreren sich widersprechenden Entscheidungen des New Yorker International Centre for Dispute Resolution (ICDR) wird der Ruf nach einem Eingreifen von ICANN laut.

Um Rechtsverletzungen vorzubeugen, sieht das Bewerberhandbuch der Internet-Verwaltung ICANN für neue Top Level Domains unter anderem das Verfahren der »String Confusion Objection« vor. Im Mittelpunkt steht dabei die Prüfung einer einzigen Frage: »The applied-for gTLD string is confusingly similar to an existing TLD or to another applied for gTLD string in the same round of applications«. Wann eine potentielle neue Endung zum Verwechseln ähnlich ist mit einer bereits eingeführten oder ebenfalls beworbenen Endung aus der selben Bewerbungsrunde, wirft in der Praxis jedoch offenbar erhebliche Probleme auf: in den bisher 67 bekannten Verfahren, die beim für die Entscheidung zuständigen ICDR anhängig sind, sind in den letzten Tagen sich widersprechende Urteile ergangen – und das jedenfalls teilweise zu der ein und derselben Endung.

So hat beispielsweise die .com-Registry VeriSign ein Verfahren nach der »String Confusion« gegen die .cam-Bewerber AC Webconnecting Holding B.V., dot Agency Limited und United TLD Holdco Ltd. eingeleitet. Während das Schiedsgericht in den ersten beiden Verfahren kein Problem erkannte, war Schiedsrichter Urs Laeuchli im Verfahren von United TLD Holdco, einem Tochterunternehmen von Demand Media, der Ansicht, dass sich .com und .cam zu ähnlich sind, um nebeneinander zu existieren; im Ergebnis konnte sich also VeriSign zum ersten Mal durchsetzen. Vor besondere Probleme scheint das Schiedsgericht jedoch gestellt zu sein, wenn es die Frage der Verwechslungsfähigkeit bei Ein- und Mehrzahl-Varianten beurteilen soll. Im Streit zwischen der Hotel Top-Level-Domain S.a.r.l und Booking.com B.V. um eine Verwechlsungsfähigkeit zwischen .hotel und .hotels entschied der Panelist Bruce Belding, dass sich die beiden Endungen ausreichend optisch und akustisch unterscheiden; zu einem ähnlichen Ergebnis kam das Gericht auch im Fall .car gegen .cars. Ganz anders fiel das Urteil dann aber im Streit zwischen dem .sport-Bewerber SportAccord und dem .sports-Bewerber Steel Edge LLC aus: für Panelist Scott Donahey besteht ein signifikanter Grad der Möglichkeit einer Verwechslung, wobei er dies für jede Einzahl/Mehrzahl-Kollision annehmen will. Mit dieser Ansicht steht er nicht allein: auch im Verfahren .pet gegen .pets bejahte das Schiedsgericht eine Verwechslungsgefahr. Endgültig für Verwirrung sorgte jedoch die Entscheidung, zwischen der asiatischen (also internationalisierten) Variante für »Online-Shopping« eine Verwechslungsgefahr mit .shop zu bejahen.

Statton Hammock, Vize-Präsident bei Demand Media, hat ICANN inzwischen aufgefordert, tätig zu werden und für Klarheit zu sorgen. Im Fall von .com/.cam hätten demnach entweder alle Beschwerden von VeriSign Erfolg haben oder eben alle zurückgewiesen werden müssen. Ihm pflichtete Philip Corwin von der Internet Commerce Association bei; er warf ICANN vor, sich im Interesse eines raschen Verfahrens auf das technokratische Können von Aussenstehenden verlassen zu haben, anstelle das Verfahren selbst sorgfältig zu durchdenken. Für ICANN äusserte sich Akram Atallah dahingehend, dass man zumindest im Fall der Einzahl/Mehrzahl-Kollisionen in Betracht zieht, die Meinung der Generic Names Supporting Organisation oder der Community einzuholen. Welchen Einfluss dies auf die bereits entschiedenen Fälle hat, ist derzeit offen.

Weitere Informationen zum Verfahren nach der »String Confusion Objectionq finden Sie hier.

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