UDRP

Falsches WHOIS macht nicht bösgläubig

In einer UDRP-Entscheidung der World Intellectual Property Organization hatte sich die Antragstellerin übernommen und zu viel in ihrer Antragsschrift über die Nutzung des Domain-Namens reckon.com vorgetragen. Für den so bestens informierten WIPO-Panelisten reichten deshalb die falschen WHOIS-Daten und die Nichtnutzung der Domain nicht aus, eine bösgläubige, unberechtigte Nutzung der Marke der Antragstellerin anzunehmen (WIPO Decision vom 15.07.2013, Case No. D2013-1017).

Die australische Softwareunternehmung Reckon Limited existiert seit 1987. Sie ist Inhaberin mehrerer Marken, darunter seit 2007 der eingetragenen Marke »Reckon«, und mehrerer Reckon-Domains, darunter auch reckon.com.au. Die Domain reckon.com wurde erstmals am 07. Oktober 1996 registriert und am 12. Oktober 2005 der jetzigen Inhaberin, der Multitech s.r.l. mit Sitz in Rom, übertragen. Am 28. März 2013 kontaktierte die Antragstellerin über Mittler die Inhaberin der seit 2007/2008 nicht aktiven Domain reckon.com, um sie zu erwerben. Die Inhaberin reagierte nicht. Wie sich herausstellte, stimmten die WHOIS-Daten nicht mehr, und alle Versuche der Antragstellerin, die Inhaberin zu kontaktieren, scheiterten. Wie die Antragstellerin via archive.org feststellte und gegenüber WIPO vortrug, nutzte jedoch die italienische e-group Italia S.p.A. die Domain, über die sie schon 1996 Computer mit der Marke „Reckon“ vertrieb. Auch in 2001 und 2003 benutzte die e-group Italia die Marke „Reckon“ unter der Domain reckon.com, und in 2006 und 2007 wurde auf der Website mitgeteilt, dass „Reckon“ eine Marke der e-group Italia sei. Die Antragstellerin sah gleichwohl in der Nichtnutzung der Domain durch die aktuelle Inhaberin Multitech s.r.l. eine Verletzung ihrer Marke und behauptete daher einen Anspruch auf Übertragung der Domain nach der UDRP. Die Antragsgegnerin reagierte nicht.

Einzelpanelist Tony Willoughby nahm sich der Sache an und kam zu keinem erfreulichen Ergebnis: er wies den Antrag der Antragstellerin zurück (WIPO Decision vom 15.07.2013, Case No. D2013-1017). Zwar seien sich Domain und Marke zum Verwechseln ähnlich, und die Antragstellerin hatte 1996, als die Domain registriert wurde, in Australien bereits Markenrechte am Begriff »Reckon«, wenn auch nicht durch eine registrierte Marke. Doch bei alledem sei offensichtlich (und hier ließ Willoughby die Frage nach der Berechtigung der Domain-Inhaberin aus, um sich gleich der Frage nach der Bösgläubigkeit – dem bad faith – zu widmen), dass die Antragstellerin keine Hinweise dafür liefert, wonach die aktuelle Domain-Inhaberin bösgläubig sei. Die von der Antragstellerin vorgelegten Belege aus der WayBack-Machine von archive.org weisen eher darauf hin, dass die e-group Italia S.p.A. über die Domain ihre Produkte unter der Marke vertrieben hat. Willoughby hält es für möglich, dass die Geschäfte bis 2007/2008 geführt wurden und seitdem die Domain nicht genutzt wurde, die WHOIS-Daten nicht aktualisiert wurden und die Antragsgegnerin ihrer Wege gegangen sei. Die Antragstellerin habe versäumt zu belegen, dass die Firma nicht existierte, es die Marke nicht gäbe und keine Reckon-Computer verkauft wurden. Hätte sie solches belegen können, hätte er keine Schwierigkeiten, ihrem Antrag zu entsprechen. So aber sieht es danach aus, dass die Domain genau für den Vertrieb von ReckonComputern genutzt wurde. Letztlich basiere die Annahme der Bösgläubigkeit alleine auf dem Umstand, dass die Domain seit 2008 nicht mehr genutzt wurde und die WHOIS-Daten nicht mehr korrekt sind. Diese beiden Punkte reichen jedoch nicht aus, Bösgläubigkeit im Sinne der UDRP anzunehmen. Aus diesem Grunde wies Willoughby den Antrag zurück.

Hier also wieder mal eine UDRP-Entscheidung, bei der die markeninhabende Antragstellerin scheiterte. Sie scheiterte nicht nur an den schwachen Vorwürfen, die der Gegnerin zu machen sind, sondern an der – grundsätzlich lobenswerten – umfassenden Sachverhaltsdarstellung, bei der sie in die Geschichte der Domain eindrang und deutlich machte, dass die Domain berechtigterweise genutzt wurde.

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