WIPO

Komplexer Betrug taugt nicht für die UDRP

Im UDRP-Streit um die Domain alliancehealthcareservice-us.com scheiterte die Alliance Healthcare Services Inc. (USA) vor der WIPO wegen einer Überkomplexität des Falles. Wie schon in früheren Entscheidungen wurde die Beschwerdeführerin auch hier an die ordentlichen Gerichte verwiesen.

Die Beschwerdeführerin, die Alliance Healthcare Services Inc., bietet in den USA Diagnostik und andere Dienstleistungen im Gesundheitswesen. Sie ist Inhaberin des Domain-Namens alliancehealthcareservices-us.com sowie der Marke ALLIANCE HEALTHCARE SERVICES, die sie im Februar 2010 beim US-Markenamt (USPTO) anmeldete. Der Inhaber von alliancehealthcareservice-us.com nutzt die Domain, um per eMail fingierte Jobs der Alliance Healthcare Services Inc. Dritten gegenüber anzubieten und über den Kontakt zu Bank- und anderen Daten der Bewerber zu gelangen. Die Domain selbst weist lediglich eine 404-Fehlermeldung auf. Der Inhaber der Domain nutzt dabei reale Namen von Mitarbeitern der Beschwerdeführerin, unten denen er auch die Domain per Proxy-Service registriert hat. Die Beschwerdeführerin ging zunächst vor den ordentlichen Gerichten gegen den Inhaber der Domain vor, nahm die Klage aber wieder zurück, da sie wohl den Klagegegner nicht benennen konnte. Um sich zumindest die Domain zu sichern, startete sie ein UDRP-Verfahren bei der WIPO.

Panelist Richard G. Lyon ging die Angelegenheit zurückhaltend an (WIPO Case No. D2015-1666). Zunächst strich er den Namen des Domain-Inhabers aus den Entscheidungsgründen, da augenscheinlich ein Namensmissbrauch vorlag, der sich negativ auf den tatsächlichen Namensträger auswirken könnte. Ein Problem des Falles, dem er sich widmete, war denn auch die Frage nach der Klärung der Identität des Beschwerdegegners. Der Identität spürte er nicht nach, da er, wie er mitteilt, offensichtlich weder die Ressourcen noch die rechtliche Handhabe habe. Aber, so Richard G. Lyon, wesentlich für die Entscheidung sei die Frage des Gegners auch wieder nicht, wenn es um die Übertragung einer Domain geht, denn die nehme der Registrar vor. Alsdann frage er sich, ob die Angelegenheit nicht doch außerhalb der Aufgaben und Möglichkeiten der Uniform Domain-Name Dispute Resolution Policy läge. Die Klage der Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner zeige ohne Zweifel, dass sie nach einem Verfahren vor einem ordentlichen Gericht verlangt. Denn der Streit um die Domain sei nur ein kleiner Teil des viel größeren Puzzles. Zwar läuft derzeit kein weiteres Verfahren zwischen den Parteien, doch die zu entscheidenden Fragen dieses Streit beschränken sich nicht auf den Streit um die Domain. Dafür sind Zivilgerichte zuständig, die sich mit dieser und weiteren Fragen beschäftigen. Das Problem der Beschwerdeführerin wird nicht durch eine Entscheidung über die Domain gelöst. Die Beschwerdeführerin wolle eigentlich wegen Betruges gegen den Domain-Inhaber vorgehen. Da bedürfe es aber entsprechender Ermittlungen und Auswertungen, die das Panel nicht leisten könne. Kern des Verfahrens sei also nicht die Domain, sondern der umfangreiche Betrug. Aufgrunddessen handele es sich auch nicht um einen typischen Fall von Cybersquatting. Schließlich – und vielleicht am wichtigsten – erschwere der Mangel an Beweisen in der Beschwerde eine angemessene Beurteilung der Angelegenheit. Damit wies Richard G. Lyon die Beschwerde der Alliance Healthcare Services Inc. zurück.

Wie schon in dem kürzlich besprochenen Fall um den Domain-Namen dolphinsprojects.org wird hier klar: größere Probleme als eine einfache vorsätzliche, geschäftsschädigende Markenrechtsverletzung durch eine Domain kann und will die UDRP nicht leisten.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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