BGH

Deeplinks können rechtswidrig sein

Der Bundesgerichtshof hatte bereits im April zum zweiten Male über die Frage von Deeplinks entschieden (BGH I ZR 39/08, Urteil vom 29.04.2010), und kam zu einem anderen Ergebnis als in seiner früheren Paperboy-Entscheidung, wonach Deeplinks keine Urheberrechtsverletzungen mit sich bringen. Der Volltext des Urteils ist seit wenigen Tagen online.

Die Klägerin ist Anbieterin von elektronischen Stadtplänen. Für eine kommerzielle oder dauerhafte Nutzung der Pläne verlangt sie Lizenzgebühren, weshalb der Zugang zu den Karten nur bei Verwendung einer so genannten Session-ID möglich ist, die bei einem Aufruf der Startseite erteilt wird und zeitlich befristet gilt. Die Beklagte bot Nutzern ihrer Website die Möglichkeit, über einen Hyperlink Kartenausschnitte von der Internetseite der Klägerin abzurufen. Hierfür verwendete sie eine programmtechnische Routine, die unter Umgehung der Startseite der Klägerin unmittelbar zur Webseite mit dem Kartenausschnitt führte. Darin sah die Klägerin eine Urheberrechtsverletzung und klagte. Das Landgericht Hamburg sowie das hanseatische Oberlandesgericht Hamburg wiesen die Klage ab. Die Klägerin legte Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des hOLG Hamburg auf und verwies die Sache an dieses zurück. Das hOLG Hamburg hatte keine Urheberrechtsverletzung festgestellt, da die Session-IDs zwar eine grundsätzlich wirksame, technische Schutzmaßnahme im Sinne von § 95a UrhG gegen eine unbefugte Nutzung der Website darstellten, die Beklagte diese Schutzmaßnahme jedoch nicht in rechtlich unzulässiger Weise überwunden habe. Der BGH geht indes davon aus, dass das hOLG den Sinn und den Zweck des § 95a UrhG missverstanden hat. Der schütze nicht urheberrechtlich geschützte Werke, sondern den Schutzmechanismus, über den urheberrechtliche Werke geschützt werden. Wenn der Schutzmechanismus nicht hilft, bleibt das darüber geschützte Werk aber nach wie vor urheberrechtlich geschützt. Hier komme es aber lediglich darauf an, dass die (aus Sicht des BGH) nicht wirksame Schutzmaßnahme den Willen des Berechtigten erkennbar macht, den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur auf dem vorgesehenen Weg zu ermöglichen; eine Umgehung dessen begründe eine Urheberrechtsverletzung. Denn das öffentliche Zugänglichmachen eines geschützten Werkes ist nur dem Berechtigten erlaubt. Ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG liegt vor, wenn Dritten der Zugriff auf das in der Sphäre des Vorhaltenden befindliche geschützte Werk eröffnet wird. Begrenzt der Berechtigte den Zugriff mit technischen Schutzmaßnahmen, so macht er das Werk auch nur in dieser eingeschränkten Weise zugänglich. Wer dann einen Hyperlink setzt, um derartige Maßnahmen zu umgehen, eröffnet einen Zugang zum Werk, der ansonsten für diese Nutzer oder auf diesem Weg nicht bestünde, und greift über den Hyperlink in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ein. Es liegt dann beim Zugriff auf das Werk eine unberechtigte Vervielfältigung vor, die eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Damit stellten die von der Beklagten zur Verfügung gestellten Deeplinks eine Urheberrechtsverletzung dar.

Das, so der Bundesgerichtshof, stehe nicht im Widerspruch zu seiner Paperboy-Entscheidung (BGH Az. I ZR 259/00, Urteil vom 17.07.2003), bei der kein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht durch so genannte Deeplinks auf urheberrechtlich geschützte Werke festgestellt wurde. Seinerzeit habe man offen gelassen, ob eine urheberrechtliche Haftung entsteht, wenn der Berechtigte Deeplinks auf technischem Weg verhindern will, der Linksetzende aber die Sperren umgeht. Nun, vor die Frage gestellt, geht der BGH davon aus, dass bei der Umgehung technischer Schutzmechanismen, auch wenn diese nicht den Anforderungen des § 95a UrhG gerecht werden, eine Urheberrechtsverletzung entsteht. Dabei kommt es nicht auf den § 95a UrhG an, weil der nicht das Werk, sondern die Schutzmaßnahme schützt. Maßgebend sei vielmehr der – sichtbar gewordene – Willen dessen, der die Schutzmaßnahme vornimmt. Im Hinblick auf diese Erwägungen erscheint das Urteil nachvollziehbar und korrekt.

Kommentar schreiben

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, oder weitergegeben.
Bitte füllen Sie die gekennzeichneten Felder aus.*

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Der Domain-Newsletter von domain-recht.de ist der deutschsprachige Newsletter rund um das Thema "Internet-Domains". Unser Redeaktionsteam informiert Sie regelmäßig donnerstags über Neuigkeiten aus den Bereichen Domain-Registrierung, Domain-Handel, Domain-Recht, Domain-Events und Internetpolitik.

Mit Bestellung des Domain-Recht Newsletter willigen Sie darin ein, dass wir Ihre Daten (Name und E-Mail-Adresse) zum Zweck des Newsletterversandes in unseren Account bei der Episerver GmbH, Wallstraße 16, 10179 Berlin übertragen. Rechtsgrundlage dieser Übermittlung ist Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a) der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie am Ende jedes Domain-Recht Newsletters auf den entsprechenden Link unter "Newsletter abbestellen? Bitte einfach hier klicken:" klicken.

Top