hOLG Hamburg

Die früher registrierte Domain creditsafe.de geht einem jüngeren Unternehmensnamen vor

Im Streit um die Domain creditsafe.de stellte sich dem Oberlandesgericht Hamburg die Frage, ob eine früher registrierte Domain einem später entstandenen Unternehmensnamen rechtlich vor oder nachgeht. Das Landgericht, dessen Urteil das OLG Hamburg überprüfte, war der Meinung, der Unternehmensname zählt.

Die Parteien des Rechtsstreits um die Domain creditsafe.de waren Tochterunternehmen von internationalen Konzernen, die im Bereich Wirtschaftsinformationen, Firmenauskünfte und Kreditberichte tätig sind. Die Konzerne haben ihren Sitz in Skandinavien, sind Konkurrenten und beobachten sich mit Argusaugen. Die in Deutschland ansässige Klägerin, die Creditsafe Deutschland GmbH, wurde 2009 gegründet und nahm 2010 ihre Tätigkeit auf. Die ebenfalls in Deutschland sitzende Beklagte ist ein Tochterunternehmen des »B«-Konzerns, welcher von seinem Sitz in Schweden aus agiert. Die Beklagte registrierte bereits 2006 die Domain creditsafe.de, neben gleichlautenden Domains unter anderen Endungen wie .at, .ch, .pl und so weiter. Die Domain creditsafe.de ist seit geraumer Zeit nicht konnektiert. Die Klägerin sieht ihr Namensrecht (§ 12 BGB) aufgrund der durch die Beklagten registrierten Domain verletzt. Bereits 2008 sprach die Muttergesellschaft die Beklagte an, ob sie die Domain nicht übertragen wolle, was letztere ablehnte, da sie ein eigenes Nutzungsinteresse habe. 2009 fragte die Muttergesellschaft der Klägerin bei der Konzernleitung der Beklagten an, ob eine Übertragung der Domain möglich sei, was diese ablehnte. Schwesterunternehmen der Klägerin mit Sitz in anderen europäischen Ländern ermächtigten diese, deren Markenrechte über die Marken »creditsafe.com« und »credit SAFE«, deren Priorität in 2000 und 1999 liegen, zu nutzen und Rechte aus diesen gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Klägerin beschritt schließlich den Klageweg beim Landgericht Hamburg und verlangte die Kündigung der Domain und machte weitere Ansprüche gegen die Beklagte geltend. Das Landgericht Hamburg gab der Klage ganz überwiegend statt (Urteil vom 29.03.2011, Az. 312 O 160/10). Dagegen ging die Beklagte in Berufung zum hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg.

Das hOLG Hamburg bestätigte die Berufung und wies die Klage zurück (Urteil vom 09.04.2015, Az.: 3 U 59/15). Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die prioritätsältere Domain credisafe dem Unternehmensnamen vorgeht und nicht deren Namens- oder andere Rechte verletzt. Das Oberlandesgericht bestätigte die Einschätzung des Landgerichts, dass hier das Namensrecht (§ 12 BGB) einschlägig ist, da die Beklagte die Domain nicht im geschäftlichen Verkehr nutzt, was vorrangige Ansprüche aus dem Markenrecht (§§ 5, 15 MarkG) ausschließt. Bei der weiteren Prüfung des § 12 BGB stellte das Oberlandesgericht zunächst fest, dass auf Seiten der Klägerin ein Namensrecht besteht, da sie den Namen im geschäftlichen Verkehr nutzt und dieser über hinreichende originäre Unterscheidungskraft verfügt. Zudem besitzt die Beklagte ihrerseits kein eigenes Recht an dem Namen »creditsafe«, da sie selbst nicht Namensträger ist und aus der einfachen Registrierung der Domain keines entstanden ist. Weiter liegt eine Zuordnungsverwirrung vor, und der Namensgebrauch seitens der Beklagten verletzt auch schutzfähige Interessen der Klägerin, da sie von der Nutzung der Domain, die ihrem eigenen Namen entspricht, aufgrund der Registrierung unter der Endung .de durch die Beklagte ausgeschlossen wird. Doch, konzediert das OLG Hamburg, liegt eine Namensrechtsverletzung gleichwohl nicht vor, weil zugunsten der Beklagten als Nichtberechtigter ausnahmsweise schützenswerte Belange zugute kommen, die im Rahmen einer Interessenabwägung zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sind.

Ausschlaggebend ist, dass sie creditsafe.de bereits am 16. März 2006 registriert hat. Damit kann sie sich gegenüber der Klägerin auf das Prioritätsrecht berufen (first come, first served). Sie ist Inhaberin eines relativ wirkenden Nutzungsrechts, das mit Registrierung begründet wurde und das dem Domain-Inhaber ausschließlich zugewiesen ist, ähnlich dem Eigentumsrecht. Das Namensrecht der Klägerin ist erst später entstanden. Für die Beklagte bedeutet das bestehende Namensrecht der Klägerin allerdings, dass sie die Domain nur eingeschränkt geschäftlich nutzen kann. Bösgläubigkeit könne man der Beklagten nicht unterstellen, auch wenn zum Zeitpunkt der Domain-Registrierung in den Niederlanden die Muttergesellschaft der Klägerin bereits unter dem Namen Credit-Safe Business Information N.V. firmierte, da diese nicht in Deutschland tätig war. Auch dass die Beklagte denselben Begriff unter diversen europäischen Endungen ebenfalls registrierte, spricht nicht für eine Bösgläubigkeit, denn es gibt keine Anhaltspunkte, dass sie so den Zugriff der gegnerischen Firmengruppe auf diese Märkte blockieren wollte. Vielmehr hegten beide Firmengruppen seinerzeit Expansionspläne, die die Beklagte im Hinblick auf die Domains als Möglichkeit sicherte. Jedenfalls fand das OLG Hamburg keine belastbaren Anhaltspunkte für die Bösgläubigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt, da sie die Domain registrierte. Die schutzwürdigen Belange der Klägerin überwogen das Interesse der Beklagten an der Domain nicht, weshalb der geltend gemachte Domain-Löschungsanspruch sich nicht aus dem Namensrecht (§ 12 BGB) der Klägerin ergibt.

Ansprüche aus dem Namensrecht Dritter, hier der niederländischen Muttergesellschaft »Creditsafe Group«, ergeben sich ebenfalls nicht, da dieses nicht zu einem besseren Recht in Deutschland führt und die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die Muttergesellschaft auf dem deutschen Markt tätig war. Die beiden Gemeinschaftsmarken „creditsafe.com“ und „credit SAFE“ hingegen gewähren keinen Schutz gegen eine rein firmenmäßigen Verwendung der Domain creditsafe.de. Darüber hinaus konnte das OLG Hamburg auch keinen Anspruch aus unlauterem Wettbewerb auf Beseitigung (§ 8 Abs. 1 UWG) wegen gezielter Behinderung feststellen, da die Domain früher registriert wurde als die Klägerin zu ihrem Namen kam. Ebenfalls schloss das Gericht eine Schikane im Sinne von § 226 BGB aus: das Festhalten der Beklagten an der Domain-Registrierung überschreitet noch nicht die Grenze zur Schikane, wie sich aus den widerstreitenden schutzfähigen Interessen der Parteien ergibt. Letztendlich ließ das OLG Hamburg auch die Revision nicht zu, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.

So liegt nun ein Urteil eines Obergerichtes vor, das die Priorität einer Domain-Registrierung Vorrang vor einem später entstandenen Unternehmesnahmen einräumt. Und das, wo die Domain augenscheinlich nicht genutzt wird und grundsätzlich Namensrechtsverletzungen bereits mit der Registrierung einer Domain einhergehen können, ohne dass es irgendwelcher Inhalte bedarf. Die Entscheidung des hOLG Hamburg erachten wir für nachvollziehbar, gut begründet und völlig korrekt.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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