berlin.com

Land Berlin gewinnt vor Gericht

Das Kammergericht in Berlin ging im Streit um den Domain-Namen berlin.com der Frage einer Namensrechtsverletzung seitens des Domain-Inhabers nach. Wo das Landgericht Berlin keine Bedenken hatte, gab das Kammergericht dem Land Berlin Recht (KG Berlin, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 5 U 41/12).

Kläger ist das Land Berlin, das gegen die Beklagte, Inhaberin der Domain berlin.com, wegen einer Namensrechtsverletzung vorging. Anfang Februar 2011 veröffentlichte die Beklagte unter berlin.com im oberen Teil des Internetauftritts eine Beschreibung der Stadt Berlin. Hiergegen wandte sich der Kläger und beantragte vor dem Landgericht Berlin, die Beklagte habe es zu unterlassen, die Internet-Domain berlin.com durch Bereithaltung von Informationen über die Hauptstadt Deutschlands zu benutzen und/oder benutzen zu lassen in einer Weise, wie es die Beklagte tut und wie es entsprechend in den Prozessakten wiedergegeben ist. Das Landgericht Berlin wies die Klage zurück (LG Berlin, Az.: 12 O 407/11) und meinte dabei unter anderem, der Kläger genieße Schutz nur für den Begriff »Land Berlin«, nicht jedoch für »Berlin«. Zudem handele es sich bei der Domain berlin.com um eine Ortsbezeichnung mit lediglich beschreibendem Charakter; Berlin sei ein einfaches Wort der deutschen Sprache wie Wald, Strand usw., das ohne Bezug zur Klägerin verwandt werden könne. Dass das Angebot nicht vom Kläger betrieben werde, ergäbe sich spätestens aus dem Impressum der Seite. Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte der Kläger Berufung zum Kammergericht Berlin ein.

Das Kammergericht Berlin verwarf das Urteil des Landgerichts Berlin und gab der Klage statt, weil eine Namensrechtsverletzung seitens der Beklagten vorlag (KG Berlin, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 5 U 41/12). Zunächst stellten sich prozessuale Fragen, wie etwa die nach der Bestimmtheit des Klageantrags. Das Kammergericht meinte, der Klageantrag sei konkret genug, er ziele auf das Verbot einer konkreten Verletzungsform ab: der Beschreibung der Stadt und was sie bietet. Wenn die Informationen über Berlin gegen andere Informationen über die »Hauptstadt Deutschlands« ausgetauscht würden, läge eine im Kern gleichartige Verletzungshandlung vor. Ein weiterer Punkt war die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers. Das liegt aus Sicht der Beklagten nicht vor, da eine Namensrechtsverletzung üblicherweise bereits bei Registrierung einer Domain vorliegt, der Kläger sich hier aber lediglich gegen eine konkrete Nutzung der Domain wandte und so sein eigentliches Recht nicht ausschöpfte. Dieses Weniger, so das Kammergericht, nimmt dem Kläger jedoch nicht das Recht, sich genau darauf zu beschränken. Die Beklagte, die ihren Sitz in den USA hat, sah ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis auch bei der Vollstreckung, die in den USA sehr schwierig sei. Doch, so das Gericht, sei der Titel jedenfalls in Deutschland durchsetzbar, was ausreiche, um das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen.

Danach ging es an die eigentliche Streitfrage: liegt eine Namensrechtsverletzung vor (§ 12 BGB)? Das Kammergericht sah eine unberechtigte Namensanmaßung seitens der Beklagten und bestätigte den Anspruch des Klägers. Eine Namensrechtsverletzung liegt hier vor, weil aufgrund der Nutzung des Begriffs »Berlin« in der konkret beanstandeten Gestalt unter dem Domain-Namen berlin.com der Eindruck entsteht, dass der Träger des Namens Berlin hinter diesem Auftritt steht. Damit wird die Funktion des Namens des Klägers als Identitätsbezeichnung beeinträchtigt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist das Land Berlin Träger des Namens Berlin, mit dem sie bereits in der Verfassung von Berlin bezeichnet wird. Berlin ist auch keine Gattungsbezeichnung, sondern der Name des Klägers. Die Domain berlin.com als solche verweist schlagwortartig auf den Betreiber. Auf der Website findet sich kein auf den ersten Blick erkennbarer Hinweis, wonach der Domain-Name eigentlich auf den Inhalt verweisen soll und nicht den Betreiber des Angebots. Die Beklagte gebraucht den Namen auch unbefugt; weder hat sie ein eigenes Recht, noch ein durch Registrierung oder Nutzung der Domain entstandenes Recht nachgewiesen. Weiter besteht, so das Gericht, eine Zuordnungsverwirrung, auch wenn es sich um eine .com-Domain handelt. Diese Endung sagt nichts über den Anbieter/Inhaber aus. Sie steht aus Sicht des normalen Nutzers nicht für »commerce«, wie sie einmal angetreten ist; sie wird gegebenenfalls beispielsweise auch mit »Computer« oder »communication« assoziiert. Eine mit dem Domain-Namen entstehende Verwirrung stellt freilich kein Problem dar, wenn sie auf der Website schnell wieder aufgelöst wird. Hier reicht aber der Gang zum Impressum, wie es das LG Berlin angenommen hat, nicht aus. Bei den Angeboten auf der Seite besteht für den Besucher kein Anlass, das Impressum aufzusuchen. Es hat die Gefahr bestanden, dass auch ein durchschnittlich informierter, verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Besucher der Seite den Internetauftritt der Beklagten für den des Klägers hält. Internetnutzer sind es seit Jahren gewöhnt, dass auch Städte und Gemeinden .com-Domains nutzen, um den Fremdenverkehr anzukurbeln. Schließlich werden irgendwelche schutzwürdigen Interessen der Beklagten durch die Unterlassung der konkreten Nutzung nicht verletzt. Sie kann die Seite mit angemessenem Aufwand so gestalten, dass sie ihr Angebot weiter anbieten kann und dabei gleichzeitig deutlich macht, dass sich die Seite in Privatbesitz befindet und nicht mit Behörden oder dem Land Berlin verbunden ist.

Auf das Domain-Recht spezialisierte Anwälte findet man auf Domain-Anwalt.de, einem Projekt der united-domains AG.

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