ICANN-Meeting

Regierungen sorgen für Rabatz

Vollgepackt mit Diskussionen, aber zumeist ohne konkrete Ergebnisse ist das 51. Treffen der Internet-Verwaltung ICANN in der US-Metropole Los Angeles zu Ende gegangen. Vor allem die Vertreter nationaler Regierungen lieferten reichlich Debattenbeiträge.

Den Auftakt der diesmal von über 2.300 Vertretern verschiedenster Interessengruppen besuchten Veranstaltung machte eine Rede von US-Handelsministerin Penny Pritzker. Sie betonte, dass die USA unverändert zu der Entscheidung stünden, die IANA-Funktionen in die Hände der weltweiten Netzgemeinde zu legen. Allerdings liess Pritzker auch keinen Zweifel daran, dass man es zu verhindern wisse, wenn einzelne Personen oder Organisationen versuchen würden, ihre engstirnige Sicht der Welt an die Stelle der kollektiven Weisheit des Netzes zu setzen. Sie sagte voraus, dass es anlässlich der bevorstehenden ITU-Konferenz in Südkorea Versuche von Regierungen geben werde, die Macht über das Internet an sich zu reissen; man könne versichert sein, dass die USA alles unternehmen, um sich hiergegen zur Wehr zu setzen. Wer also erwartet, dass ICANN künftig völlig unabhängig von der US-Regierung agiert, hat sich getäuscht; verkürzt lässt sich die aktuelle Position der USA auf den Nenner »so viel Freiheit wie möglich, soviel Kontrolle wie nötig« bringen. Dies deckt sich allerdings mit der Position des ICANN-Regierungsbeirates GAC (Governmental Advisory Committee); in einem mittlerweile traditionellen Kommuniqué wies das GAC darauf hin, dass der Übergangsprozess den Bedürfnissen aller Interessengruppen gerecht werden müsse – also auch den eigenen.

In personeller Hinsicht stellte das GAC in Los Angeles ebenso Weichen: Der Schweizer Thomas Schneider, aktuell stellvertretender Leiter des internationalen Dienstes des schweizer Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), wurde zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er setzte sich mit 61 zu 37 Stimmen gegen den Libanesen Imad Hoballah durch. Der 42-jährige Schneider vertritt die Schweiz bereits seit dem Jahr 2008 im GAC, und war zuvor dessen Vizepräsident; er löst die Kanadierin Heather Dryden an der Spitze des Beirats ab.

Auf wenig Begeisterung stößt beim GAC die Ankündigung ICANNs, bereits die nächste Einführungsrunde für neue Top Level Domains vorzubereiten. Wie berichtet, hat die Internet-Verwaltung am 22. September 2014 den ersten Entwurf eines „New gTLD Program Reviews and Assessments Draft Work Plan“ (Draft Work Plan) getauften Dokuments veröffentlicht. Im Wesentlichen geht es darum, die bisherigen Ergebnisse zu sammeln und auszuwerten. Doch das geht einigen GAC-Mitgliedern viel zu schnell. Sowohl der britische als auch der brasilianische GAC-Vertreter wiesen darauf hin, dass ICANN mitten im IANA-Übergangsprozess stecke, der unter anderem Verantwortlichkeiten neu regle und daher auch Einfluss auf künftige Einführungsrunden habe. Auch der deutsche GAC-Vertreter mahnte an, dass noch einige streitige Punkte zu klären seien; er stellte in Frage, wie man die Ergebnisse der ersten Einführungsrunde auswerten wolle, wenn doch die kontroversesten neuen Endungen noch gar nicht verfügbar seien. Akram Atallah, Präsident von ICANNs Generic Domains Division, beeilte sich prompt, darauf hinzuweisen, dass in der Tat noch viel Arbeit zu tun sei; daher habe ICANN die nächste Runde frühestens für Ende 2016 in Aussicht gestellt. Weniger Probleme haben die Regierungen dagegen mit der allgemeinen Freigabe von Second Level Domains aus zwei Zeichen, selbst wenn sie – wie im Fall von de.com oder de.mail – einer existierenden Länderendung entsprechen. Gut möglich, dass die Registries dies schon in Kürze nutzen, um zahlreiche dieser begehrten Domains zu Höchstpreisen auf den Markt zu werfen.

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